Rezension

Tolle Basis, Umsetzung könnte noch besser sein

Children of Blood and Bone - Tomi Adeyemi

Children of Blood and Bone
von Tomi Adeyemi

Bewertet mit 4 Sternen

Inhalt
In Orïsha lebten einst die maji - Menschen, die von den Göttern magische Fähigkeiten erhalten hatte,. Doch dann ließ der König sie aus Angst und Hass töten und die Magie verschwand aus dem Land.
Die 16-jährige Zélie ist eine divîner, das Kind einer maji, deren magische Fähigkeiten noch nicht erwacht sind. Als sie durch Zufall auf die Prinzessin Amari trifft, erfährt sie, dass sie auserwählt wurde, die Magie zurück nach Orïsha zu bringen. Gemeinsam mit ihrem Bruder Tzain und Amari macht sie sich auf den Weg, verfolgt von Amaris Bruder Inan, der bereit ist alles zu tun, um sein zukünftiges Königreich ein für alle mal von Magie zu befreien.

Meinung
Für die Idee von „Children of Blood and Bone“ war ich sofort Feuer und Flamme. Viele Menschen denken vermutlich kaum darüber nach, aber Menschen mit anderen Hautfarben als weiß sind in der Jugend(-Fantasy)-Literatur erstaunlich unterrepräsentiert. Umso schöner, dass Tomi Adeyemi sowohl mit ihren Figuren als auch den Einflüssen aus westafrikanischen Kulturen eine Portion Diversität in das Genre bringt.
Wie sehr ich an weiße Figuren gewöhnt bin oder automatisch weiße Figuren vor Augen sah, bemerkte ich beim Lesen erst, als ich zunächst irritiert davon war, wie häufig die Hautfarbe einer Person - von Mahagoni bis Kupfer - beschrieben wird. Es dauerte eine Weile, bis ich merkte, dass diese Irritation daher kam, dass ich an weiße Figuren gewöhnt war, deren Weißsein nicht extra erwähnt werden musste. Ein ziemlich guter Kniff, der einen nebenbei die Augen öffnet, ohne belehrend zu wirken.
Auch sonst enthält „Children of Blood and Bone“ wichtige Botschaften, denn es tut, was guter Fantasy tun sollte: Der Roman vermittelt durch die fantastische Geschichte eine durchaus reale Botschaft. Der Autorin zufolge entstand die Idee durch die Polizeigewalt gegenüber unbewaffneten People of Colour in den USA und das klingt im Text definitiv durch. Allgemein spielt auch die Bezeichnung „maggot“ (Made) für die divîners auf die Mechanismen des Rassismus an, in dem bestimmten Personengruppen die Menschlichkeit genommen wird, indem man sie als weniger wert, mehr als Tiere als als Menschen darstellt. Die Erklärung für den Hass auf die maji - Angst vor dem Unkontrollierbaren, Unbekannten - erinnert mich dagegen an die Art, wie beispielsweise gegen Geflüchtete Stimmung gemacht wird. Welche Erfahrungen mit Diskrimierungen man auch gemacht hat: Aus diesem Buch kann man sicherlich etwas mitnehmen.
Der Grundkonflikt des Buches ist sehr interessant und wirft die Frage auf: Wäre es wirklich gut, wenn die Magie nach Orïsha zurückkäme?
Dadurch, dass man mit divîners wie Zélie mitfühlt und mitbekommt, wie ihre Leute gequält und unterdrückt werden, wünscht man sich genau wie sie die Magie zurück und lernt die Adligen zu hassen. Man weiß, dass viele maji friedlich gelebt haben und dass der König damals viele Unschuldige ermorden ließ und heute Unschuldige zu Tausenden quälen lässt.
Durch Inans Perspektive lernt man jedoch auch die Sicht derjenigen kennen, die wirklich glauben, dass die Welt ohne Magie friedlicher und sicherer ist. Man lernt, wie gefährlich unkontrollierte oder böswillig eingesetzte Magie sein kann, und kann teilweise verstehen, wieso Inan und der König verhindern wollen, dass sie zurückkommt.
Diese Erzählweise macht das Buch sehr interessant, denn auch wenn man als Leser*in klar mit Zélie mitfiebert, versteht man die Motive der Gegenseite, auch wenn die Handlungen einiger Figuren absolut nicht zu entschuldigen sind. Gleichzeitig verhalten sich auch alle „Guten“ nicht immer einwandfrei und beide Seiten begründen ihre Taten damit, das Beste für Orïsha zu wollen.
Angenehmerweise begnügt sich das Buch auch nicht mit der Aussage, dass die Magie zurückgebracht werden soll, denn die Figuren machen sich auch Gedanken darum, in welcher Form das geschehen und welche Maßnahmen getroffen werden müssten, damit es nicht einfach nur zu einem grausamen Krieg zwischen maji und kosidán (Nicht-magischen Menschen) käme. Magie wird nicht nur als Waffe zur Verteidigung gesehen - ein Eindruck, den man zunächst bekommt - sondern auch als Weg zu einem friedlichen Zusammenleben. In anderen Momenten erwecken die Figuren jedoch wieder lediglich den Eindruck, Macht und Rache zu wollen, was angesichts ihres Schicksals zwar verständlich, meiner Meinung nach aber keine gute Botschaft für ein Buch ist. Ich bin gespannt, wie sich dieser „politische“ Aspekt der Reihe in den Folgebänden entwickelt.
In Bezug auf andere Elemente konnte mich „Children of Blood and Bone“ dagegen leider nicht ganz überzeugen.
Das Motiv der auserwählten Außenseiterin aus sozial schwächeren Kreisen, die die Welt retten soll, ist durchaus nicht neu, auch wenn die interessante Figurenkonstellation mit Inan und Amari das wieder ein wenig wettmacht.
Zélies aufbrausenden, unvorsichtigen Charakter und den Wunsch, anderen zu helfen, der ihr das ein oder andere Mal selbst zum Verhängnis wird, kennt man ebenfalls bereits von Figuren anderer Bücher. Immerhin ist ihre Art auch authentisch und sie keinesfalls perfekt.
Auch die angedeuteten Liebesgeschichten waren sehr vorhersehbar und gingen für mich viel zu schnell und unverständlich vonstatten.
Von der Figur des Inan war ich gleichzeitig an meisten fasziniert und genervt. Zum einen ist er wohl die interessanteste und tragischste Figur, von der ich je gelesen habe. Von seinem Vater wurde er gelehrt, die maji zu hassen, doch in diesem Buch muss er plötzlich seine eigenen Erfahrungen sammeln und mit seinem Weltbild in Einklang bringen.
Oftmals verhält Inan sich aber auch extrem widersprüchlich und sprunghaft und nicht immer waren diese Sprünge für mich nachvollziehbar.
Ein abschließendes Kompliment gibt es für den spannenden Showdown und das wirklich fiese Ende, das dafür sorgt, dass ich es kaum erwarten kann, dass im März 2019 der zweite Band der geplanten Trilogie erscheint.

Fazit
„Children of Blood and Bone“ bringt mit der Idee und den dahinterliegenden wichtigen Botschaften frischen Wind in das Fantasy- und Jugendbuch-Genre und bildet den vielversprechenden Auftakt einer neuen Trilogie. Leider enthält das Buch auch recht bekannte und vorhersehbare Elemente, insbesondere was die Figuren betrifft.