Rezension

Tolle Story, leider kaum "echte" Wahlmöglichkeiten.

Die Welt der 1000 Abenteuer - In den Fängen der Seehexe
von Jens Schumacher

Bewertet mit 3 Sternen

Spielbücher sind eine feine Sache für zwischendurch und man kann auch schonmal den ganzen Abend mit ihnen verknobeln.

"In den Fängen der Seehexe" ist ein gutes Beispiel dafür, im positiven wie im negativen Sinne. Die Regeln sind recht unkompliziert und so ist der Einstieg auch für Spielbuch-Neulinge und jüngere Leser einfach zu meistern.

Auf Würfel wir komplett verzichtet. Es gibt ein sehr übersichtlicher Abenteuerblatt (für Gegenstände, Hinweise und eine von mehreren Spezialfähigkeiten), eine Kampftabelle und eine Seite mit Schicksalsrunen. Außerdem gibt es ein paar Seiten mit Erklärungen und Regeln zum Vorgehen im Buch. So weit so übersichtlich.

Eine Karte der "Welt der 1000 Abenteuer" gibt es auch, diese hat für das aktuelle Buch aber keine Relevanz. Sehr komisch.

Der Sprachstil ist angenehm zu lesen und nicht kompliziert.
Die Story entspricht dem klassischen Fantasy-Motiv: Ein Königreich wird vom Bösen bedroht und der Leser ist der Einzige, der es retten kann.

Den besonderen Reiz dieses Spielbuches macht dabei die Unterwasserwelt aus. Das Abenteuer an sich hätte auch in jeder anderen Umgebung spielen können. Aber durch die interessanten und liebevoll ausgearbeiteten Bewohner der Tiefsee gewinnt das Buch deutlich an Atmosphäre.
Die Illustrationen, die immer wieder im Buch zu finden sind lassen den Leser noch weiter in die Welt von Corallia eintauchen.

Der Spielmechanismus des Buches verlangt dem Leser allerdings ein hohes Maß an Frust-Resistenz ab.
So einfach die Kämpfe auch sind, so tödlich sind sie auch. Man erhält für jeden Kampf einen Block mit Buchstaben-Zahlen Kombinationen. Pro Zeile wählt man zufällig eine davon aus und schlägt in der Kampftabelle das Ergebnis nach (Sieg, Niederlage oder Fortsetzung des Kampfes). Dabei ist in jeder Zeile immer mindestens eine Koordinate die eine Niederlage und damit den Tod und das Ende des Abenteuers bedeutet.

Da das Buch auf ein Lebenspunktesystem verzichtet, hat man keine zweite Chance.
Natürlich werden einige Spieler in der Lage sein, sich die tödlichen Koordinaten einzuprägen (ohne Würfel ist Schummeln so sehr einfach).

Aber auch bei vielen anderen Gelegenheiten ereilt den Spieler ein sehr schnelles und brutales Ende. Sei es durch die Auswahl einer Schicksalsrune, ein zu hohes Maß an Neugierde oder eine falsche taktische Entscheidung.

In einem Fall gerät man sogar in eine Endlosschleife, die einen immer wieder gegen die Wächter im Palast der Seehexe kämpfen lässt. Und das ohne die Möglichkeit dem zu entkommen (ziemlich dämlich gemacht).

Ähnlich tödlich wie das Kampfsystem sind auch die Schicksalsrunen.
Sie werden einfach durch blindes antippen ausgewählt. Dabei kann eine Rune in einem Fall etwas Gutes und in einem anderen Fall etwas Schlechtes nach sich ziehen. Das Schlechte ist dann zumeist der sofortige Tod.

Auch das Vorwärtskommen abseits von Kämpen und Runen gestaltet sich nicht immer ganz leicht. Hinweise, die einem den Weg erleichtern sollen sind je nach den vorher getroffenen Entscheidungen garnicht zu finden. Und auch mit raten oder dem gesunden Menschenverstand kommt man hier nicht weiter.

Findet man bestimmte Gegenstände nicht, hat man am Ende keine Chance die Seehexe zu besiegen.

Dies alles weckt bei mir den Eindruck, dass es nicht mehrere Wege zum Ziel gibt, wie es der Klappentext noch behauptet.
Vielmehr hat der Autor nur einen RICHTIGEN Weg vorgesehen. Das ist ziemlich schade, denn das Buch wäre sicher noch sehr viel besser, wenn es wirklich mehrere Möglichkeiten gibt, auch wenn diese unterschiedlich schwierig sind.