Rezension

Toller Reihenauftakt, macht Lust auf mehr.

Otherland - Stadt der goldenen Schatten - Tad Williams

Otherland - Stadt der goldenen Schatten
von Tad Williams

Bewertet mit 4 Sternen

Wie beschreibt man bei einer derart komplexen Geschichte mit so viel Ebenen ein bisschen den eigenen Eindruck der Inhalte? Otherland 1 ist ein richtiges Science-Fiction-Epos, in dem man auch dystopische sowie fantastische Elemente finden kann. Es zeichnet sich vor allen Dingen durch die unglaubliche Vielfalt an Erzählebenen aus: Man hat Renie, mit ihrer kleinen Familie, und !Xabbu, der erst ihr Schüler und dann ein guter Freund wird. Kleine Anmerkung zu !Xabbu: Ich hab so ziemlich jedes Mal, wenn dieser Name vorkam, versucht, ihn auszusprechen, ohne jeden Erfolg. Der Charakter ist ein Buschmann, der in die Stadt gekommen ist und sie und ihr Dasein kennenlernen möchte, der Name ist also nicht nur eine bloße Erfindung, sondern sehr realistisch. Zusätzlich gibt es noch Orlando und Fredericks, die nur über die Virtual Reality, kurz VR miteinander kommunizieren. Außerdem ist da noch Paul; Paul, der Soldat, der im Krieg ist. Er eröffnet das Buch und man fragt sich, was das nun mit der eigentlich angekündigten Geschichte zu tun hat. Außerdem gibt es da noch Dread, einen Mörder, dem man immer wieder bei seinen Planungen über die Schulter schaut. Und dann gibt es eine weitere Gruppe, die eindeutig im Bereich der Antagonisten eingeordnet werden kann: die Götter. Eine Gruppe, deren Sims in der VR als ägyptische Götter dargestellt wird.

Seid ihr verwirrt? Das war ich anfangs auch. Es gibt so viele unterschiedliche Handlungsstränge, die anfangs einfach nichts miteinander zu tun haben, zumindest macht das den Anschein. Das macht es jedoch auch schwer, dem Ganzen zu folgen, und es gibt sicher Leute, die dadurch auch nicht weiterlesen möchte. Ich jedoch liebe ja so Verschachteltes und stelle einfach gerne Mutmaßungen an, wo jetzt die Verbindung sein könnte und wie Zusammenhänge entstehen könnten, daher war ich von Anfang an voll dabei. Na ja, nach dem Prolog, den Pauls Kriegsgeschichte aus dem Schützengraben hat mich wirklich verwirrt. Man muss sich auf diese Geschichte einlassen und dadurch tappt man genau wie Renie oder Orlando auch länger im Dunkeln. Und das obwohl man doch immer wieder Einblick in die Vorhaben der Antagonisten erhält.

Die Idee der VR hat mich sehr fasziniert, diese Art der Umsetzung ist auch das, von dem viele Menschen heutzutage träumen und wie sie sich die Zukunft vorstellen. Das Gestalten von Sims, die einen in der VR betreten, eine Einkaufsmall, aber auch Orte, die man lieber meiden sollte. Diese VR spiegelt das reale Leben wieder und stellenweise fragt man sich, was denn nun wirklich Realität ist und was in der VR spielt. Letzten Endes kristallisiert sich das immer wieder raus, doch manchmal verschwimmen die Grenzen leicht.

Das Buch ist nur der Auftakt der Reihe und trotz seiner nicht geringen Länge sind bei mir noch so unglaublich viele Fragen offen. Tad Williams hat eine wirklich faszinierende Welt geschaffen und ich bin schon auf die weiterführenden Bücher gespannt. Nichtsdestotrotz muss man sagen, dass ein dermaßen langes Buch auch ab und zu seine Längen hat. Ich persönlich hatte diese Gefühl immer wieder bei den ägyptischen Göttern. Zwar war es einerseits faszinierend, diesen kleinen Einblick in ihre Pläne zu bekommen, aber ihre Art zu handeln zog sich für mich immer hin.

Sehr schön hingegen fand ich das afrikanische Geschichtengut, das durch !Xabbu (dieser Name, ich versuche es immer noch...) dargestellt wurde. Die Geschichten, die er Renie immer wieder erzählt, sind faszinierend und von einer schlichten Schönheit, wie sie nur Mythen und Märchen haben.

Fazit

Tad Williams Auftakt zu dieser großen Epos-Reihe ist definitiv gelungen. Er verschafft den Leser Einblick in viele Welten, RL und VR, Protagonisten und Antagonisten, und dennoch bleiben so viele Fragen offen. Ein großes Werk, das ich unbedingt bald fortsetzen möchte.