Rezension

Tolles Debüt!

Aeternum - Andrea Bottlinger

Aeternum
von Andrea Bottlinger

» Was nützte Sicherheit, wenn sie trügerisch war? Was nützte es, nur Schwarz und Weiß zu sehen, wenn es so viel Grau gab? « (Aus: Aeternum, S. 568)

Seit einem Jahr nun schon ist die Magierin Amanda eine Dämonendienerin - unfreiwillig. Denn ihr selbsternannter Herr Balthasar zwang sie durch Erpressung in seine Dienste. Als jedoch eines Tages ohne Vorwarnung der Alexanderplatz in Berlin einstürzt, steht die Welt Kopf. Nicht einmal die Fraktionen der Engel und der Dämonen können sich die Ereignisse erklären. Doch plötzlich wird entschieden, dass aus jeder Partei zwei Kundschafter in den Krater geschickt werden sollen, um den Ereignissen nachzugehen. Und Amanda ist eine von ihnen. Gemeinsam mit Jul, einem gefallenen Engel, wird sie in die Katakomben geschickt. Doch was sie dort herausfinden wird die Existenz der gesamten Welt erschüttern ...

» Wenn man seine Zeit damit vergeudete, auf perfekte Voraussetzungen zu warten, 
brachte man nie etwas zustande. «

(Aus: Aeternum, S. 155)

Mit "Aeternum" gelingt Andrea Bottlinger ein unglaublich innovativer Roman über das Schicksal der Welt, Engel und Dämonen, Menschen und Magiern. Geschickt verknüpft sie dabei die Geschichte der Welt und präsentiert eine Storyline, welche sich deutlich von der Mainstreamliteratur in diesem Bereich abhebt.
Schon zu Beginn der Geschichte entwickelt sich ein tolles und zentrales Setting - Berlin, wie man es kennt und liebt. Und der Alexanderplatz, wie er plötzlich in Schutt und Asche daliegt. Früh schon entsteht dadurch ein Zwist zwischen Engeln und Dämonen, welcher den wackligen Frieden beider Fraktionen beträchtlich gefährdet. Fernab jedweder Klischees entwickelt sich die Handlung der Story und lässt eine unerwartete Wendung nach der anderen aus dem Roman ein Verwirrspiel werden. Nicht nur für die Figuren und Protagonisten wird es schwer, zwischen Gut und Böse, wahr und falsch zu unterscheiden - auch der Leser sieht sich mit elementaren Fragestellungen zu Religion und dem Wesen des Menschen konfrontiert.

Aus zwei unterschiedlichen Perspektiven, denen der Protagonisten, wird der Roman erzählt. Amanda, Magierin und Mensch, Jul, ein gefallener Engel. Beide stehen sich ihren eigenen Problemen gegenüber und müssen dennoch das Schicksal der Welt bestimmen. Amanda und Jul, beide zeichnen sich dabei und auf ihrem Weg als äußerst ambivalente Figuren aus. Während Amanda eigentlich stolz und stark wirkt und einen gewissen Sinn für schwarzen Humor besitzt, muss sie sich ihrem selbsternannten Meister unterwerfen, was ihren Charakter maßgeblich beeinflusst. Dabei spürt man vor allem Sympathie, aber auch Mitleid mit Amanda, welche im wahrsten Sinne des Wortes zwischen den Stühlen steht. Auch Jul, Amandas Begleiter, sieht sich Gewissenskonflikten entgegen. Er steht zwar nicht, so wie Amanda, Dämonen und Engeln gegenüber, allerdings muss er einen viel größeren Feind bekämpfen: Die Zweifel am Glauben an sich. Was ist falsch und was richtig?

» Man kann kein Mitleid empfinden, wenn man nicht versteht, was Unrecht ist. «
(Aus: Aeternum, S. 153)

Beide Figuren machen während dem Handlungsverlauf eine überaus authentische und nachvollziehbare Entwicklung durch, welche beim Leser die Frage aufwirft, ob man selbst ebenfalls so gehandelt hätte. Wichtig zu erwähnen ist ebenfalls noch, das sich zwar zwischen den beiden Gefühle ausbilden, die angedeutete Liebesgeschichte allerdings in keinster Weise im Fokus der Geschichte steht.
Auch die Nebencharaktere der Story haben es in sich: Sowohl Antagonisten, als auch begleitende Figuren zeigen unterschiedlichste Charakterzüge und Handlungsweisen, welche die Handlung immer und immer wieder auf den Kopf stellen. Mit Balthasar, dem Dämon und Meister Amandas, und dem Erzengel Michael, entstehen Figuren, die immer nach Mustern handeln, welche dem Leser nicht offensichtlich ersichtlich sind.

» Es gibt andere Wege als Furcht, um Leute dazu zu bringen, zu tun, was man will. «
(Aus: Aeternum, S. 333)

Mit fortschreitender Seitenzahl entwickelt sich der Handlungsverlauf rasant. Schlag auf Schlag geschehen nun unterschiedlichste Ereignisse, welche auch das Erfordernis mit sich bringen, dass Amanda und Jul ihren Auftrag zu Ende führen müssen. Der angenehme und schlichte Schreibstil untermalt dabei die Handlung. Mit Blick auf den Schluss der Geschichte muss man allerdings sagen, dass noch ein paar Fragen offen bleiben, ja generell ein offenes Ende den Schluss des Romans kürt. Das hat den Vorteil, dass noch unglaublich viel Potenzial offen bleibt, welches in einem eventuellen Folgeband aufgegriffen werden könnte. Andererseits lässt es auch die Möglichkeit offen, dass manch ein Leser etwas unbefriedigend zurückgelassen werden könnte.
Zwar gibt es keine Negativaspekte oder Schwächen, welche die Begeisterung des Romans schmälern, allerdings muss auch gesagt werden, dass es keine durchgehende Spannung gibt, sondern auch einige Ruhepausen den Roman durchziehen. Das gewisse Etwas fehlt tatsächlich noch, doch mit Sicherheit können wir gespannt sein, was als nächstes der Feder der Autorin entspringt.

Fazit

Mit Aeternum schafft Autorin Andrea Bottlinger ein innovatives Debüt jenseits gängiger Klischees. Ambivalente, sich stetig entwickelnde Charaktere, unerwartete Wendungen und schwarzer Humor lassen den Roman aus dem Mainstream der Engel-Romane herausstechen. Definitiv eine Empfehlung für Fans von Engel-Romanen und Fantasy im Allgemeinen.

Pro & Contra

+ Innovative Ideen
+ Ambivalente Figuren
+ Tolle Charakterentwicklung
+ Unerwartete Wendungen
+ Liebe nicht im Fokus der Haupthandlung
+ Fernab von gängigen Klischees
+ Interaktives Feeling beim Lesen

o Schlichter, angenehmer Sprachstil

- Offenes Ende
- Einige Fragen bleiben noch ungeklärt
- Das "gewisse Etwas" fehlt

Bewertung:

Handlung: 4/5
Charaktere: 4,5/5
Lesespaß: 4,5/5
Preis/Leistung: 4/5