Rezension

Trostlose Geschichte, mittelmäßig übersetzt.

Shuggie Bain -

Shuggie Bain
von Douglas Stuart

Die in den vergangenen Jahren mit dem Booker Prize prämierten Bücher konnten mich bisher ausnahmslos überzeugen. Leider ist dies dem autobiografisch grundierten „Shuggie Bain“ von Douglas Stuart in der deutschen Übersetzung von von Sophie Zeitz nicht gelungen.

 

In diesem Roman geht es eben weniger als erwartet um den Jungen Shuggie Bain, welcher in der düsteren Zeit der 1980er unter Maggie Thatcher im Milieu der (arbeitslos gewordenen) Arbeiter Glasgows aufwächst. Aber das ist nicht das Schlimmste an seinem Erwachsenwerden. Nein, die Tragik seines Lebens entsteht durch die alles durchdringende und auch alles zerstörende Alkoholsucht der Mutter Agnes.

 

Nun wird der Roman hauptsächlich als Mutter-Sohn-Geschichte mit den beiden Besonderheiten der Akteure, dass Agnes Alkoholikerin und Shuggie homosexuell ist, promotet. Es handelt sich aber viel mehr um eine Milieustudie dieser Zeit in dieser sozioökonomischen Schicht. Beziehungsweise kann sich der Roman häufig nicht so richtig entscheiden, was von beidem er sein möchte. Psychologisch in die Tiefe geht er durch seinen beobachtenden Erzählstil leider nur selten. Da hätte die Geschichte und vor allem die (einseitig) symbiotische Beziehung von Shuggie und Agnes viel mehr hergegeben. Vielmehr wird Schlag auf Schlag (mitunter im wörtlichen Sinne) mit Brutalität, sexueller sowie psychischer Gewalt auf Dramatik gesetzt. Zu viel meines Erachtens. Zwischendurch gibt es so gut wie keine Lichtblicke. Es geht mir nicht darum eine sonnige Happy-Ending-Geschichte zu bekommen. Aber dieser Roman ist so, wie er hier angelegt ist, kaum ertragbar und selbst für Abgehärtete Leser*innen nur schwer verdaulich.

 

Schwer zu verdauen ist auch die Übersetzung von Sophie Zeitz. Aus meiner Sicht das größte Manko dieses Romans. Nicht nur hat sie unglaublich viele merkwürdige Übersetzungsentscheidungen getroffen, die einfach den Lesefluss massiv stören sondern hat sie auch einen fiktiven Arbeiterslang ausgedacht, welcher die vielen Passagen wörtlicher Rede der Glasgower*innen (oder wie Zeitz schreiben würde: der Glasweger/innen) ins Deutsche übertragen soll. Leider ist dabei ein unglaubwürdiger und unglaublich nerviger Mischmasch verschiedener deutscher Dialekte herausgekommen. Am abwegigsten ist dabei zum Beispiel die ständige Verwendung von „Lütte“ und „Lütter“ kombiniert mir Wörtern aus anderen deutschen Dialekten. Man kann nicht einfach einen norddeutschen Dialekt nach Schottland verfrachten. Das geht einfach gar nicht. Also es geht doch, wie wir lesen müssen, ist aber einfach nur lächerlich.

 

Inhaltlich wie sprachlich haben mir eigentlich erst die letzten 60 Seiten des Buches zugesagt, sodass mir unterm Strich nur ein mittelmäßiges Leseerlebnis im Gedächtnis bleibt. Und natürlich die vielen scheußlichen Gewaltakte der Geschichte. Leider. Hier hätte ich von einem mit dem Booker Prize prämierten Buch viel mehr erwartet.