Rezension

Über die jungen Jahre des Robert Louis Stevenson

Die Leuchttürme der Stevensons -

Die Leuchttürme der Stevensons
von Sabine Weiss

Bewertet mit 4.5 Sternen

Der Name Robert Louis Stevenson war mir bisher nur durch seine Werke "Die Schatzinsel" und "Dr. Jekyll und Mr. Hyde" bekannt. Beide Bücher habe ich noch nicht gelesen, sondern bisher nur die Filme gesehen, und mir war auch lange nicht bewusst, dass beide Romane vom gleichen Schriftsteller sind. Der vor wenigen Tagen neu erschienene Roman von Sabine Weiß "Die Leuchttürme der Stevensons" hat gleich mein Interesse geweckt. Was ich nämlich bisher gar nicht wusste, ist, dass Robert Louis Stevenson aus einer Familie der Leuchtturmbauer stammt. Sein Vater und auch bereits sein Großvater hatten sich mit der Konstruktion und dem Bau von Leuchttürmen einen Namen gemacht und damit der Menschheit einen großen Dienst erwiesen, denn die Leuchttürme boten eine Möglichkeit, die Seefahrer vor Untiefen zu warnen und vor Schiffbruch zu schützen. Auch von Robert Louis Stevenson, im Roman kurz Louis genannt, wird erwartet, dass er die Familientradition fortsetzen und in die Fußstapfen des Vaters treten soll.

Der Roman spielt hauptsächlich in Louis' Jugend und Studienzeit, mit einer kleinen Rückschau auf seine Kindheit. Wie auch seine Mutter war Louis in jungen Jahren oft kränklich und wurde von einer extra für ihn engagierten Krankenschwester "Cummy" betreut. Seine ganze Familie und auch Cummy waren tief religiös, und die strengen Vorträge und Schauergeschichten der Krankenschwester hinterließen einen bleibenden Eindruck bei dem Jungen, so dass er auch von unruhigen Träumen heimgesucht wurde.

 

Wegen seiner angegriffenen Gesundheit erhält Louis lange Zeit Privatunterricht und studiert später Technik. Wenn es nach dem Vater geht, soll er Ingenieur werden und sich in der Firma der Familie engagieren. Die Erwartungen und Forderungen des Vaters sind hoch, und Louis kann sich noch so anstrengen, er erhält kein Lob, sondern wird nur immer wieder kritisiert. Nichts ist in Thomas Stevensons Augen gut genug. Aber Louis interessiert sich schlichtweg nicht für die Inhalte seines Studiums, und die Arbeit im väterlichen Büro ist eine Qual für ihn. Viel lieber möchte der junge Louis das "wahre Leben" erfahren und hat während der Studentenzeit auch einige Flausen im Kopf. Sein großer Traum ist, Schriftsteller zu werden, aber wenn es nach seinen Eltern geht, ist das vertane Zeit und brotlose Kunst, und er selbst zweifelt an seinen Fähigkeiten und hält seine eigenen Geschichten nicht für gut genug. Die erste junge Liebe, die er mit der Tochter eines Schmieds erlebt, endet in einer Tragödie, und die Reisen zu den Baustellen der Leuchttürme, die gerade geplant oder in Fertigstellung sind, bringen den jungen Mann an seine Grenzen, sowohl körperlich als auch mental.

Sabine Weiß erzählt die Begebenheiten im Leben des jungen Louis sehr detailliert und intensiv. Die Schilderung, als Louis es mit schweren Naturgewalten aufnehmen muss und die Beschreibungen der Situation der Menschen vor Ort sind so lebendig, dass man meint, dabei zu sein. Der ganze Roman stützt sich auf ausführliche Berichte zu der Bau-Situation rund um die Leuchttürme der Stevensons, wie ja auch bereits der Titel verrät. Dazwischen erhalten wir immer wieder Einblicke in Louis' Privatleben, in seinen Freundeskreis und seine Bemühungen um Menschen, die ihm wichtig sind. Ich denke, dass dieser Roman ein hohes Maß an Recherche zu den Fakten erforderte, einmal zum Wissen rund um die Leuchttürme aber auch zu Louis' Entwicklung und den Zeitgenossen, die in die Geschichte einbezogen wurden. Das alles hat die Autorin sehr gut umgesetzt und die Realität gekonnt mit ihrer fiktiven Geschichte verknüpft.

Über Louis' Werdegang als Schriftsteller erfährt man leider nur wenig, quasi zusammengefasst, im Epilog. Hier wird auch berichtet, was aus den Menschen wurde, die Louis' Weg begleiteten und ihm nahe standen. Von den vielen technischen Details rund um die Leuchttürme war ich teilweise fast ein wenig überfordert, dafür hätte ich mir gewünscht, den "privaten" Louis noch besser kennenzulernen. Auf jeden Fall fand ich es sehr spannend, mehr über den Mann zu erfahren, der später die beiden berühmten Klassiker und noch vieles mehr geschrieben hat. Wie immer bei historischen Romanen mit realem Hintergrund, so hat mich auch diesmal wieder die Lust gepackt, noch mehr in die Vergangenheit einzutauchen, hier vor allem in Bezug auf Stevensons Werke. So werde ich wohl nicht umhinkommen, einige seiner Werke, vor allem die bekanntesten, zu lesen. Auch wenn es ein paar Passagen gab, die sich für mein Empfinden etwas gezogen haben, so konnte mich der Roman doch insgesamt fesseln, und ich habe viel Neues erfahren und dazugelernt.