Rezension

Überraschend guter Mix aus Urban Fantasy und Kiezalltag

Am schwarzen Loch - Chrizzi Heinen

Am schwarzen Loch
von Chrizzi Heinen

Bewertet mit 4 Sternen

Ein unvorhergesehener Kauf, ein unvermutetes Genre und ein unerwartetes Ende. Unverhofft kommt nicht oft, aber doch manchmal und dann ganz überraschend. Gestöbert hatte ich in einer Science Fiction und Fantasy Buchhandlung, der erbeutete Titel zeigte keine auffälligen Abweichungen von der Gattung und der Preis ließ sich mit versprochener Sogwirkung rechtfertigen, also schleppte ich dieses Buch mit nach Hause.

Da saß ich nun und las. Ich las von Hildi, Gregor und Bodo, drei Freunden im Berliner Kiez, verstrickt in typisch alternativen Lebensentwürfen. Bodo und Gregor betreiben einen Club in einer ehemaligen Wäscherei und bessern nebenbei ihr Einkommen mit urban geernteten Löwenzahn, Hagebutten und Brennesseln auf.

Hildi beerbt ihren Onkel aus der Schweiz. Er hat ihr ein schwarzes Loch hinterlassen. Ganz selbstverständlich wird dieser Staubsauger aus dem All im Bad ihrer Wohnung installiert. Dazu müssen die Wände mit Granit ausgekleidet und die Nasszelle versiegelt werden. Die ZHI, Zurich Hole Insurance, leistet Hilfestellung und versichert Hildi gegen eventuelle Ausbruchskatastrophen. Denn das Loch ist hungrig, es giert nach Materie.

Bodo und Gregor wittern sofort eine neue Geschäftsidee. Sie spinnen Garn aus dem Staub, der an den Wänden zum Bad klebt, angezogen vom Loch. Hildi muss Interviews zum physikalischen Phänomen geben und Gregor performt eine Kunstinszenierung aus seinen Messdaten in Hildis Wohnung. Bodo lernt eine neue Liebe kennen und das Leben in den Provisorien scheint, trotz beginnender Gentrifizierung (danke Wanda, dass Du's mir noch mal erklärt hast), seinen normalen Weg zu gehen.

Ich las und dachte die ganze Zeit über dieses Loch nach. War es eine Metapher für eine Krankheit, oder vielleicht ein großes, nicht gesellschaftsfähiges Tier? Ich las mit Vergnügen über die kreativen Geschäftsideen der drei Freunde und beneidete sie um ihre Zuversicht und Gelassenheit. Und nach und nach wurde auch für mich das Loch zur realen Selbstverständlichkeit, gut beobachtet, aber nur eine Nebenrolle besetzend.

Bis zum Schluss. Am Ende verlangt das Loch seinen Tribut. Oder ist es doch nur die Endlösung für ein unter dem Radar fliegendes Unglück? Auf jeden Fall ist dieses Buch eine Hommage an die Freundschaft mit einem, jede Spekulation verhöhnendes, Ende.

Der Roman hat mich an der Nase geführt, sehr geschickt, alle Emotionen bedienend und doch größtenteils vergnüglich.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 06. März 2020 um 21:29

Das ist ja mal ein Roman!!! Verrückt! und eine wunderbar vergnüglich zu lesende Rezension!!