Rezension

Überraschungshightlight

Sechzehn Wege, eine befestigte Stadt zu verteidigen -

Sechzehn Wege, eine befestigte Stadt zu verteidigen
von K. J. Parker

Bewertet mit 5 Sternen

Oberst Orhan ist eigentlich zuständig für das Brückenbau-Batallion. Auf dem Rückweg von einem Einsatz wird ihm klar, dass eine feindliche Armee sich Richtung Hauptstadt aufgemacht hat und dass eine große Belagerung bevorsteht. Nur knapp gelingt ihm und seinen Männern die Rückkehr und mit Erschrecken muss er feststellen, dass sämtliche einsatzfähigen Kampftruppen entweder niedergemetzelt oder andernorts festgehalten werden und er im Augenblick der oberste Heerführer ist und seine Bautruppe der klägliche Rest der Armee. Schlecht bewaffnet, ungeübt im Kampfeinsatz und angesichts eines zahlenmäßig und ausrüstungstechnisch weit überlegenen Feindes, wächst Orhan über sich hinaus und ersinnt immer neue kluge Ideen, um die Stadt zu verteidigen und den Angreifer außerhalb der Stadtmauern zu halten.

Ich hatte noch kein Buch des Autors, der hier unter Pseudonym schreibt, gelesen und bin nur durch Zufall aufmerksam geworden auf dieses Fantasybuch. Die Fantasy daran sind das Reich und die allesamt menschlichen Völker. Es gibt keine Drachen oder Magie. Versatzstücke des real-historischen Kampfes um eine mittelalterliche Burg werden hier auf sehr intelligente Weise mit dem fiktiven Setting zu einer ungemein unterhaltsamen Geschichte verwoben.

Der Erzählstil ist wirklich genial. Aus Orhans Sicht wird in lakonisch-ironischen Ton mit einer großen Portion Galgenhumor und Selbstreflektion geschildert, dass es in so einer Belagerung nicht nur auf Ausdauer und viele Soldaten ankommt sondern durchaus unkonventionelle Methoden, neumodische Ideen, Frechheit und Wagemut in die Waagschale geworfen werden können und auch ein übermächtiger Gegner seine Schwachpunkte hat.

Orhan selbst ist ein wahnsinnig interessanter Charakter. Er hat sich aus Sklaverei hochgearbeitet und wird von seinen Untergebenen wegen seiner klugen und durchaus menschlichen Art geschätzt. Er versteht es, dass Menschen ihm begeistert folgen und vertrauen. Er bringt verfeindete Gruppen dazu, alle gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Immer wieder gelingen es ihm, ein scheinbar aussichtsloses Blatt zu wenden.

Das Buch lebt viel vom Erzählstil und von den ungewöhnlichen Charakteren, die herrlich in Szene gesetzt werden. Und es lebt auch davon, dass die eigentlich eher unspektakulär erscheinende Vorgabe, wie man eine Stadt verteidigt, ebenso detailliert wie kreativ beschrieben wird.

Volle Punktzahl und eine große Freude, dass soeben ein Nachfolgeband erschienen ist. Wobei es nur eine lose Fortsetzung im gleichen Setting sein wird, denn dieser Band kann als abgeschlossene Geschichte gelesen werden.