Rezension

Unbekanntes von der Literaturnobelpreisträgerin...

Das Mädchen vom Moorhof - Selma Lagerlöf

Das Mädchen vom Moorhof
von Selma Lagerlöf

Bewertet mit 4 Sternen

Helga Nilsson vom Moorhof hat sich als Magd verdingt bei bei Per Eric Martinsson und seiner Frau. Vor Gericht versucht sie jetzt, eine finanzielle Unterstützung zu erwirken, denn Martinsson ist der Vater ihres unehelichen Kindes, bestreitet das aber, um seine Ehe nicht zu gefährden. Doch als Martinsson bereit ist, einen Meineid auf die Bibel zu schwören, reagiert Helga erst ungläubig, schließlich entsetzt. Sie reißt die Bibel an sich, verkündet, auf die Klage zu verzichten, da Matinsson zwar der Vater des Kindes sei, sie aber nicht wolle, dass er sich ins Unglück stürze mit diesem Meineid.

Plötzlich aber spürt der Richter, daß seine Augen sich mit Tränen füllen, und da zuckt er beinahe beschämt zusammen und wirft einen raschen Blick um sich. Da sieht er, daß die Schreiber und die Gerichtsdiener und die ganze lange Reihe der Beisitzer sich vorgebeugt haben, um das Mädchen anzusehen, das vor dem Richtertisch steht, die Bibel an die Brust gepreßt. Und er sieht einen Schimmer auf ihren Gesichtern, als hätten sie etwas richtig Schönes gesehen, das sie bis in das tiefste Herz erfreut hat.

Durch diese Geste wandelt sich die Haltung der Menschen in dem Gerichtssaal und in der Umgebung. Galt Helga vorher als 'leichtes Mädchen', mit dem niemand mehr etwas zu tun haben wollte, hat sie nun doch deutlich gemacht, welch ehrenhafte Haltung in ihr steckt.
Gudmund Erlandsson, der dem Mädchen wahrlich wohlgesonnen ist, überredet seine Eltern, Helga als Magd an ihrem Hof einzustellen. Sie erobert die Herzen aller dort, heimlich aber auch das von Gudmund. Doch der ist einer anderen versprochen, der Tochter des Amtsmanns. Als sich ein Unglück ereignet, in das Gudmund verwickelt zu sein scheint, spitzt sich die Lage zu...

Mir gefällt es, dass manche Verlage alte, vergriffene, höchstens noch antiquarisch erhaltbare Werke wieder in neuem Gewand auflegen und so dazu beitragen, dass diese nicht in Vergessenheit geraten. Selma Lagerlöf, die erste Frau, die je den Nobelpreis für Literatur erhielt (1909), bringt man wohl am ehesten mit ihrem bekannten Werk "Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgänsen" in Verbindung, andere Werke dagegen erscheinen heutzutage eher unbekannt. So auch dieses schmale Bändchen.

Ich jedenfalls bin nur durch Zufall auf dieses Buch gestoßen, und auch die Verfilmung des Buches - ein deutscher Heimatfilm von Gustav Ucicky aus dem Jahr 1958 - kenne ich nicht.

Eine angenehme Lektüre für ein paar entspannte Stunden, ein Eintauchen in alte Zeiten und Sitten und einmal mehr die Erkenntnis, wie sehr sich das alles gewandelt hat. Mir hat es gefallen, dieses unbekannte Werk zu entdecken.

© Parden

Kommentare

Naibenak kommentierte am 04. Juni 2015 um 14:37

Wie schön! Auf meinem Kindle dümpelt diese Geschichte tatsächlich auch schon eine Weile herum ;) Irgendwann werde ich es auf jeden Fall zur Hand nehmen, um mal wieder in die alten Zeiten "einzutauchen". Danke für die Rezi!

parden kommentierte am 05. Juni 2015 um 09:41

Das mit dem Dümpeln kenne ich auch. Schön, wenn man dann doch was Nettes aus dem "Teich" fischen kann... Viel Vergnügen bei der Lektüre!