Rezension

Unterhaltsam, aber historisch fragwürdig

Schatten an der Wand - Martin Walker

Schatten an der Wand
von Martin Walker

Bewertet mit 4.5 Sternen

Der Brite Philip Manners erbt von seinem Vater ein Bild auf einem Steinfragment, das vermutlich aus einer Höhlenmalerei herausgebrochen wurde. Von der Kunsthistorikern Lydia will Philip das Stück Beutekunst schätzen lassen. Selbst wenn man das Fragment zurückbringen wollte, müsste zuvor der Fundort ermittelt werden. Bisher ist nur bekannt, dass Manners Vater im Zweiten Weltkrieg in der Nähe der Höhlen von Lascaux eingesetzt war. Lydia lässt den unverkäuflichen Fund versichern, der jedoch gestohlen wird, noch ehe sich äußerst interessierte Experten für die Zeit 15 000 vor Chr damit näher damit befassen können. Manning und Lydia reisen als angebliche Urlauber gemeinsam nach Frankreich, um über die Aufgaben von Manners senior während des Krieges zu forschen. Im Centre Jean Moulin in Bordeaux treffen sie auf eine bestens vernetzte Expertin für die Zeit der Résistance, deren Vater in der Résistance gekämpft hat. Allmählich kommen die beiden Briten dahinter, dass Jack Manners, der Amerikaner McPhee und ein Vertreter der „Freien Franzosen“ damals eng zusammen gearbeitet haben. Fragt sich nur noch, in welchem Aufrag und wie warscheinlich es ist, dass es einen bis heute unentdeckten Höhlenteil geben kann, aus dem das Fragment stammt. Auf einer dritten Zeitebene berichtet Walker seine Vorstellung davon, wie die Höhlenmalereien im Tal der Vézère konkret von einer kleinen Gruppe von Menschen angefertigt worden sein könnten.

Einen Roman auf drei Zeitebenen spielen zu lassen, von denen eine Ebene vor 17 000 Jahren unter Höhlenmenschen spielt, ist ein gewagtes Unterfangen. Walkers Roman enthält alle Zutaten seiner Bruno-Krimis: er will über „sein“ Périgord informieren, hält seine Fans mit mindestens einer Liebesgeschichte bei Laune und würzt mit einer kräftigen Prise französischer Zeitgeschichte. Bei seiner Darstellung einer kleinen Gemeinschaft von Jägern und Sammlern geht mit Walker buchstäblich der verniedlichende Gaul durch, wenn er den Menschen Wissen in den Mund legt, über das selbst unsere Vorfahren zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch nicht verfügten. Ansprüche an historische Seriosität sollte man lieber nicht hegen. In der Summe legt er jedoch einen leichten, unterhaltsamen Roman vor, der Interesse an der wenig romantischen regionalen Geschichte einer lieblichen Urlaubsregion wecken kann – ein Besuch im Centre Jean Moulin ist wohl doch keine schlechte Idee.