Rezension

Unterhaltsame, erschreckende, zeitlose Politikstunde

It Can't Happen Here - Sinclair Lewis

It Can't Happen Here
von Sinclair Lewis

Bewertet mit 5 Sternen

Literatur-Nobelpreisträger Sinclair Lewis schreibt 1935, kurz vor den anstehenden Wahlen in Amerika, in großer Eile einen (semi-)satirischen Roman, der eine eindringliche Warnung vor dem drohenden Faschismus ist, den er sowohl in Europa als auch Amerika erstarken sah.

In 'It Can't Happen Here' glaubt die nach der Weltwirtschaftskrise wieder entspannte Mittelschicht (vertreten durch die Hauptfigur des Verlegers Doremus Jessup), dass das, was sich in Deutschland anzubahnen scheint bzw. bereits geschieht, im demokratischen, freien, unabhängigen Amerika nicht passieren kann. Doch nachdem ein phrasendreschender politischer 'Emporkömmling' (Buzz Windrip), unterstützt durch einen medienbeherrschenden 'Manager' im Hintergrund durch plakative Wahlversprechen, die vor allem der unzufriedenen Arbeiterschicht Besserung versprechen, zum Präsidenten gewählt wird, geschieht genau das - Amerika wird zu einem totalitären Staat.

1:1 - von Konzentrationslagern über Bücherverbrennungen bis zu Rassendiskrimination entwickelt sich in Lewis Roman das, was in Deutschland ab 1933 entstand. Hitlers SS sind hier Windrips MM - Minute Men, und das erste, was Amerikas neuer Präsident durchsetzt, ist die Entmachtung des Kongresses. Der Leser verfolgt in Lewis Roman Jessups ungläubige Beobachtung des Wahlkampfes und dessen Ausgang, seine Hilflosigkeit und trotzige Aufberehrungsversuche, seine Niederlage, Verzweiflung und verbissene Standhaftigkeit.

Unabhängig von der Schilderung eines faschistischen Staates, die auch als Tatsachenberichterstattung aus dem dritten Reich verkauft werden könnte und teilweise auf die heutige Lage in einigen, auch europäischen, Ländern übertragen werden kann, ist Lewis Werk gerade durch den ersten Teil des Buches hochaktuell. Der Leser kann nicht umhin, in Buzz Windrips Charakterisierung und seiner Wahlkampfstrategie, seinen Phrasen und Wahlversprechungen Parallelen zu Amerika im Jahr 2016 zu erkennen. Bezeichnend dabei ist, dass die Charaktere des Buches nicht total fiktiv sind, sondern auf realen Vorbildern basieren und Lewis mit seinem Roman nicht nur vor dem warnen wollte, was er sich in Europa anbahnen sah, sondern durchaus auch die amerikanische Bevölkerung für die Einstellungen und Absichten der damals aktuellen Präsidentschaftskandidaten sensibilisieren wollte. Man lernt, Geschichte wiederholt sich und politische Charaktere tun dies ebenso. Daher muss der Leser, muss die Bevölkerung stets aufmerksam bleiben und hinterfragen.

Neben der politischen Dimension ist 'It Can't Happen Here' durch treffenden Sarkasmus und feine Ironie unterhaltsam und geradezu herausfordernd bildend. Der Einstieg, gerade das erste Kapitel, ist zwar etwas mühsam und überladen mit Informationen und Namen, aber danach packt einen die 'Faszination des Grauens' und man kann einfach nur noch lesen und lernen und hoffen, beten, dass andere das auch tun.