Rezension

Verrückt optimistisch

Die Optimistin -

Die Optimistin
von Timo Blunck

Bewertet mit 4 Sternen

Wenn das Leben ernst und deprimierend ist, bietet dieses Buch das perfekte Gegenmittel: es ist absurd, humorvoll und strotzt vor Optimismus.

Wenn das Leben einmal ernst und deprimierend ist, bietet dieses Buch das perfekte Gegenmittel: absurd, humorvoll und natürlich voller Optimismus erzählt es die Geschichte eines Hochzeitsflüchtlings und einer alten Dame, die so unglaublich klingt, dass man sie nicht glauben möchte – und auch nicht immer sollte.

Togyar flieht von seiner eigenen Hochzeit und landet dabei in einer Seniorenresidenz. Genauer: im Zimmer von Charlotte Keller – die, quirlig und lebensfroh, es sich nicht nehmen lässt den jungen Mann ihre Lebensgeschichte zu erzählen. Beginnend im zweiten Weltkrieg berichtet sie von Begegnungen mit Hitler, den Beatles, Heinz Erhardt und anderen Persönlichkeiten. Sie reiht den Ritt auf einen Elefanten an ein Schauspieldebüt an eine Fahrt im U-Boot und so weiter und so fort.  Eine verrückte Geschichte folgt der nächsten. Ebenso wie Togyar muss der Leser immer wieder schmunzeln, über die verspielte Sprache lachen und ungläubig den Kopf schütteln. Kopfschütteln auch manchmal deswegen, weil Charlotte alles andere als konventionell ist. Sie schreckt nicht davor zurück politisch fragwürdige Positionen zu präsentieren, überholten Themen aufs Tablette zu bringen und es mit der Wahrheit nicht so genau zu nehmen. So erinnert die Protagonistin ein bisschen an Pippi Langstrumpf und den Baron von Münchhausen. Sie nimmt die deutsche Geschichte und macht daraus was ihr gefällt.

Eng verwoben wird dieses eigenwillige Portrait des letzten Jahrhunderts mit unzähligen Musik-, Film- und Buchzitaten. Die Erzählung strotzt vor Vergleichen und verlangt so von seinen Lesern entweder viel Wissen oder viel Engagement beim Googeln. Das mag problematisch sein, besonders auch dann, wenn das Buch diese Vergleiche zur Beschreibung von Personen und Situationen nutzt. Wer hier den Film, das Buch, den Star nicht kennt, muss das Internet befragen oder hat Pech gehabt. Ich hatte dann in der Regel Pech. Gemeinsam mit den schon erwähnten zweifelhaften politischen und gesellschaftlichen Positionen der Protagonistin, ist das mein größter Kritikpunkt an einem Buch das ansonsten mit seiner skurrilen Art hervorragend unterhält – von Anfang bis Schluss.

Auch wenn das Ende teilweise vorhersehbar war, überrascht es mich doch mit einer Kehrtwende, die alles zuvor Erzählte noch einmal in einem neuen Licht zeigt und Togyar und den Leser belehrt, dass eben doch nicht alles ist, wie es zu sein scheint. Eine schöne abschließende Moral für die Geschichte, wie ich finde. Und ein Appell für mehr Optimismus.