Rezension

Viele schlüpfrige Gedanken, aber keine Spannung

Der Geist - Richard Laymon

Der Geist
von Richard Laymon

Es sollte ein gemütliches Beisammensein bei seiner Lieblingsdozentin Dr. Dalton sein. Doch Howard hat nicht mir der Abenteuerlust seiner Kommilitonen gerechnet, die plötzlich Dr. Daltons Ouija-Brett entdecken und ausprobieren wollen. Die Dozentin ist nicht angetan und warnt ihre Studenten, hält sie jedoch nicht von der Sitzung ab. Vier der Studenten - darunter auch Howard - schaffen es tatsächlich, Verbindung mit einem Geist aufzunehmen. Etwas befremdlich ist, dass niemand das Vorhandensein des Übernatürlichen so richtig hinterfragt. Die große Überraschung, Panik, Schock, Unglauben bleiben völlig aus. Stattdessen ist es für die meisten ein Spaß, der sie auch noch reich machen könnte. Butler, der Geist, verspricht ihnen ein Vermögen - und die Studenten sind bereit, sehr viel dafür zu tun. 

Es fängt an mit der schüchternen Angela, die auf Befehl des Geistes hin ihre Bluse aufknöpft. Es geht weiter über die ganze Bande, die über Nacht ihre Koffer packt, um in die Wildnis zu reisen, weil da ein Schatz liegen soll. Und es geht bis zu Lana, die eine Pistole mitnimmt, um sich gegen Gefahren verteidigen zu können, anstatt alles abzublasen oder zu fliehen. Die Geschichte wird aus zwei Perspektiven erzählt. Einmal ist da Howard, der in Dr. Dalton verliebt ist, sich von Angela aber sehr angezogen fühlt, seit er sie im durchsichtigen BH gesehen hat. Generell ist Howard sehr auf die Geschlechtsteile seiner Mitmenschen fixiert und es wird ständig thematisiert, wie sein Penis auf äußere - vor allem visuelle - Reize reagiert. Oftmals in völlig unpassenden Situationen, die das bisschen Atmosphäre, das bis dahin aufgebaut wurde, wieder zerstört. Die andere Perspektive ist die von Dr. Dalton und ihrem Schwager Chad, die den Studenten folgen. 
Beide Gruppen fahren zum gleichen Ziel mitten ins Nirgendwo und im Grunde passiert nichts. Die Studenten haben einen abenteuerlichen Ausflug, bei dem viel gemeckert, viel miteinander geschlafen und viel rumgeblödelt wird. Ein Junge (Keith) hat es sich zum Hobby gemacht, auf der molligen Außenseiterin Doris herumzuhacken. Glen verteidigt sie. Angela und Howard sind zunehmen miteinander beschäftigt. Und Keith versucht, Lana herumzubekommen. Zwischendurch werden sie von einem Irren im Tanga mit Machete abgelenkt, von dem sie nicht einmal wissen, ob er der Geist Butler ist oder nicht. Die Figuren sind die reinsten Klischees, in ihnen steckt nichts, das sie im Kopf lebendig werden ließ. Für mich waren es absolut austauschbare, gesichtslose Charaktere ohne jeglichen Wiedererkennungswert. 

Die eigentliche Thrillerhandlung spielt sich eigentlich nur auf den letzten 50 Seiten ab und da passiert zu viel zu schnell auf einmal. Der Rest vorher ist ganz nett, aber ziemlich langweilig. Warum sich das Buch "Der Geist" nennt, ist mir noch immer nicht klar, denn eigentlich geht es in dieser Geschichte um etwas völlig anderes. Die erhofften Schauermomente blieben aus, von Grusel und Spuk keine Spur. Es ist ein netter Thriller mit einer extrem langen Vorlaufzeit und einem explosiven, extrem kurz abgehandelten Ende, das mich mehr als unbefriedigt zurückgelassen hat. Am Ende blieb ein Gefühl von "Wie jetzt, das soll es gewesen sein? Mehr kommt da nicht?. Ein "unaussprechliches Grauen"? Bei mir herrschte nur unaussprechliche Langeweile. Schade.