Rezension

Vor 20 Jahren schon unrealistisch und heute immer noch

Crazy
von Benjamin Lebert

Bewertet mit 2 Sternen

„Crazy“ war das Jugendbuch, welches Ende der 90er Deutschland schockierte. Ein junger Mann, der laut eigener Aussage, eine Geschichte mit autobiografischem Inhalt veröffentlicht. Weil der Autor selbst noch so jung war, glaubten viele es ihm und wollten verstehen, wie die Jugend zu tickt. Was gibt es noch neben Techno, Schlaghose, Fish-Bone-Klamotten und den gängigen Trends seiner Zeit.

Laut Buch gibt es sehr viele Jugendliche, die nicht wissen wo sie hingehören, die versuchen anders zu sein, die „Crazy“ sein wollen. Daher kam irgendjemand auf die tolle Idee, es als das Buch für die oberen Jahrgänge der Mittelstufe für die allgemeine Pflichtlektüre in Deutsch einzuführen.

Damals waren wir uns, alle im Alter der Protagonisten, schon einig, dass dieses Buch alles aber nicht echt wirkt.

Das Benjamin mit seinen 16 Jahren und einer Halbseitenlähmung es nicht einfach hat, dass glaubt man ihm sofort. Das er deswegen aber bockig durchs Leben gehen muss und von fünf Schulen fliegt um dann nun in der 6. Versucht das 8. Schuljahr zu schaffen ist schon etwas seltsam. Vor allem auf einem Internat, wo gerade hier die Noten gepaart mit Geld der Zugang darstellt.

Das er dort Menschen kennen lernt, die dort ebenfalls keine Lust draufhaben, dass glaubt man ihm gerne. Und wenn man sich dann noch mit einem anderen Jungen das Zimmer teilen muss, dann muss zwangsweise ein Kontakt entstehen.

Dass die Außenseiter Truppe sich zusammentut, erst mit Benjamins erscheinen im Internat, naja auch hier passiert sowas normalerweise schon eher.  Aber nun kommt das große ernsthaft? Ein Haufen von 16-jährigen deren größter Wunsch es ist nicht erwachsen zu sein, aber ausbrechen wollen und von Gott und der Welt philosophieren? Ich bitte euch. In diesem Alter hat man Hormone im Blut. Man will Sex, Partys, Zeit mit Freunden verbringen. Klar ist Schule nicht immer toll, aber hier wird es dargestellt als wäre es das Gefängnis.

Sie haben alle negativen Erfahrungen in den Familien gemacht, aber selbst in diesem Alter weiß man doch, dass die Probleme von Menschen gemacht sind und nicht vom Alter abhängig sind. Sie wirken in ihrem Glauben, als ob diese mit 30 unbedingt so kaputt sein müssen wie es nun ihre Eltern sind.

So sind lediglich die verbotenen und anscheinend eher geduldeten Partys und der Alkohol das einzige was damals im Roman als echt rüberkam. Meine Mitschüler waren damals begeistert von der, für mich im Erwachsenenalter mit anderen Augen zu sehen, unrealistische Sexszene. So wird Benjamin ohne Vorwarnung in den Duschräumen von einer total betrunkenen Mitschülerin entjungfert und das Kondom landete einfach in der Dusche. Die Putzfrau würde es weg machen. Genau da weiß man doch, dass die Schulleitung dann nachts Aufsichtspersonen in den Schlafhäusern hat.

Egal wie man es dreht und wendet. Die 200 Seiten waren für uns damals ein zusammengeschusterter ungläubiger Mist und auch heute sehe ich es nicht anders.