Rezension

Warmherziger Hippieroman

Arcadia - Lauren Groff

Arcadia
von Lauren Groff

Bewertet mit 4.5 Sternen

Ein buntbemalter VW-Bus ziert das Cover von "Arcadia". Und ein Bus, der "Pink Piper", bildet für die Kinder der Hippie-Kommune Arcadia auch einen ihrer Lebensmittelpunkte. Denn hier werden alle Kinder zusammen betreut, hier schlafen und essen sie in der noch etwas improvisierten Frühphase von Arcadia. Die Utopie ist ein freies, selbstbestimmtes Leben in einer alles umfassenden Gemeinschaft, fern ab von den als schädlich angesehenen Einflüssen der modernen Gesellschaft, von Gewinnstreben, Egoismus, Fleischgenuss. Drogen spielen eine Rolle, sexuelle Freizügigkeit, Nacktheit, veganes Essen, Musik, natürliche Geburten und eben die alle Bereiche erfassende Gemeinschaftlichkeit der Bewohner. Der Hauptprotagonist Bit wird in diese Kommune hineingeboren, er fühlt sich hier aufgehoben und beschützt. Die andere Seite der Medaille, nämlich harte Arbeit, oft zu wenig zu essen, immer zu wenig Geld, Eltern, die in Drogenräuschen ihre Erziehungspflichten häufig vernachlässigen und Kinder, die sich oft selbst überlassen bleiben, wird viele dieser Hippiekinder noch bis ins fortgeschrittene Alter verfolgen und belasten. Aber doch gelingt es den Bewohnern anfangs, ihren Träumen von einer besseren Gesellschaft ziemlich nah zu kommen. Aber wie bei vielen sich etablierenden Utopien, wird auch diese bald zu groß. Immer mehr Junkies, Ausreißer, gescheiterte Existenzen stoßen zu der Gemeinschaft, ohne deren Ideale wirklich zu leben. Menschliche Neigungen wie Neid, Verantwortungslosigkeit oder Konkurrenz machen auch vor Arcadia nicht halt und lassen die Kommune schließlich zerbrechen und die Mitglieder sich über die ganzen USA verstreuen.

Erzählt ist die Geschichte in vier großen Abschnitten aus der Sicht von Bit Stone. Der erste, Bits Kindheit umfassend, beschreibt die Früh- und Blütezeit Arcadias und endet mit einem tragischen Unfall, der Bits Vater an den Rollstuhl fesseln wird. Der zweite Teil, Bits Jugend bis zu seinem 14. Lebensjahr, zeigt den Abstieg und schließlich Zerfall der Kommune. Im dritten Abschnitt ist Bit nun Mitte Dreißig, liebevoller Vater einer kleinen Tochter und leidet schwer an dem plötzlichen Verschwinden seiner Frau Helle, einer Kindheitsfreundin aus Arcadia, die im Gegensatz zu Bit diese Zeit als quälend in Erinnerung , lange Zeit massive Drogen- und psychische Probleme hatte. Rückblickend wird auch Bits schwierige Zeit der Eingliederung in die "normale" Welt geschildert. Der letzte Teil wagt nun einen Sprung in die Zukunft, ins Jahr 2018. Er handelt von Bits Abschied von seinen geliebten Eltern. Die Erde steht umweltpolitisch am Abgrund, eine schreckliche Seuche fordert weltweit Hunderttausende Menschenleben. Für Bit zeichnet sich aber auch ein Neuanfang ab. So wie der Roman mit einer Utopie begann, endet er mit einer Art hoffnungsvoller Dystopie.

Bei der vorangegangenen Schilderung fielen mir erst die vielen Themen auf, die dieser wunderbare, sinnliche Roman auf ganz natürliche Weise anreißt und nachdenklich, zart durchleuchtet. Es geht um das Leben, ums Erwachsenwerden, um das, wofür es sich lohnt zu streben und das, was uns dabei Halt gibt. Lauren Groff beschreibt das bunt, warmherzig und berührend. Ein Roman, der noch lange nachhallt.