Rezension

Warum mussten die Frauen sterben?

Und ewig sollst du schweigen - Jörg Böhm

Und ewig sollst du schweigen
von Jörg Böhm

Bewertet mit 5 Sternen

„...Es ist nicht die Angst, die Seelen auffrisst, sondern die Gier. Sie zerstört, sie tötet, weil manche dafür morden und für ihren eigenen Profit andere Menschen opfern...“

 

Eine Frau geht spazieren. In Gedanken erlebt sie nochmals die schönsten Stunden ihrer Vergangenheit. Doch dann gibt ihr Hund Laut. Er hat eine Tote ausgegraben.

Kriminalkommissarin Emma Hansen wird von der Nachricht ihrer Mutter überrascht, dass diese in ihre Nähe ziehen und sich gelegentlich um Luiz kümmern will, Emmas kleinen Halbbruder, den seine Mutter und die zweite Frau ihres Vaters bei Emma abgeliefert hat, bevor sie verschwand. Aus den Vorgängerbänden ist bekannt, dass Emmas Mutter nicht gerade pflegeleicht ist.

Dr. Heinz – Ulrich Steinhoff soll im Auftrag von PalPha das Unternehmen Pharma Schilling, das sie aufgekauft haben, wieder sanieren. Deshalb hat er Timotheus zu sich gebeten, den ehemaligen Besitzer der Firma.

Es sind nur drei der Szenen zu Beginn des Krimis, die vom Autor zu einer spannenden Handlung verknüpft werden. Die Geschichte geht zwar sachte los, steigert aber schnell ihr Tempo. Es gilt, den Tod zweier junger Frauen aufzuklären. Besonders tragisch ist, dass eine von beiden einen behinderten Bruder hat. Er ist das Opfer eines Medikamentenskandals. Nun steht die Mutter mit dem Kind allein da. Die zweite war die Kindergärtnerin von Luiz.

Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen. Er ist abwechslungsreich. So beherrscht der Autor den Umgang mit passenden Metaphern, was sich unter anderen bei Landschaftsbeschreibungen zeigt.

 

„...Der Schneefall setzte erneut ein. Puderfeine Kristalle schwebten zur Erde nieder und setzten sich wie gehauchte Küsse auf die bereits in Weiß gekleidete Umgebung...“

 

Sehr gut herausgearbeitet werden ebenfalls die Emotionen der Protagonisten, sei es die Wut der Eltern, denen die Polizei sagt, dass nach Erwachsenen erst nach einer gewissen Zeit gesucht wird, die Eifersucht einer jungen Frau über den Erfolg der Freundin oder die kalte Arroganz von Elisabeth Schilling gegenüber ihrem Sohn Timotheus. Bei Josys Vater drückt sich die Wut verbal so aus:

 

„...Wo leben wir denn? Ich habe die Polizei um Hilfe gebeten, nein angefleht, endlich etwas zu unternehmen, aber nichts ist passiert...“

 

Spannend gestaltete Dialoge bringen die Handlung voran. Allerdings helfen sie kaum beim Mitraten, da sie mich dabei häufig in die Irre führen. Der Polizei geht es allerdings nicht besser. Gekonnt werden wichtige Informationen verschwiegen oder nur angedeutet. Stilistisch gesehen hat mir insbesondere die Szene gefallen, wo Emma und Matthias von ihrem Chef sinnbildlich den Kopf gewaschen bekommen. Sie hatten es verdient.

Auch moralische Fragen werden thematisiert. Man könnte es kurz auf den Nenner bringen: Heiligt der Zweck die Mittel? Bei der folgenden Aussage lief es mir kalt den Rücken runter, denn sie verschleiert auf perfide Weise den Drang nach Maximalprofit um jeden Preis:

 

„...Es müssen einzelne Individuen sterben, damit die große Mehrheit überlebt. Das ist der Lauf der Welt und nur darauf baut der Fortschritt der Medizin auf. Ob wir das gut finden oder nicht...“

 

Es ist von Vorteil, die Vorgängerbände zu kennen, denn die Privatgeschichte der Ermittler wird fortgeschrieben.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es verknüpft gekonnt aktuelle Probleme und zwischenmenschliche Befindlichkeiten zu einer fesselnden Handlung. Erst am Ende werden alle Fragen geklärt.