Rezension

Weihnachten in Alaska

Ausgerechnet Alaska: Verliebt unter Mistelzweigen -

Ausgerechnet Alaska: Verliebt unter Mistelzweigen
von Lorena Grant

Bewertet mit 3.5 Sternen

Dieser weihnachtliche Jugendroman hat es in sich: gepfefferte Dialoge, herrliches Alaska-Flair, Nebenfiguren, die ich ins Herz geschlossen habe und gleich mehrere süße Hunde! Alles könnte so schön sein, wenn da nicht die motzig-launische, zickige weibliche Hauptfigur wäre.

Ja, Teenager können manchmal anstrengend sein. Manchmal plustern sie sich auch zu Recht auf - dass Ela sich z.B. darüber empört, Weihnachten gemeinsam mit einer ihr fremden Familie am anderen Ende der Welt verbringen zu müssen, oder ihren Dad konsequent damit aufzieht, dass er raucht wie ein Schlot (ungesund, als Arzt sollte er es besser wissen), leuchtete mir durchaus ein. Aber abgesehen davon hatte ich den Großteil der Handlung über wirklich meine liebe Not mit Elas Verhalten. … und dachte mir: 'Arme Iona! Such dir lieber einen anderen Mann, ehe du dir DAS antust'.

Was ich so furchtbar an Ela fand?

Sie ist launisch, taktlos, rücksichtslos, respektlos, verwöhnt, unverschämt frech, hochgradig egoistisch und zum Teil manipulativ.

Sie raunzt einen flauschigen, tapsigen Welpen an. Das sagt mir alles, was ich über sie wissen muss - mein Hundemama-Herz tat mir weh.

Sie lässt absichtlich ihr dreckiges Geschirr stehen.

Sie ist unausstehlich zu lieben Menschen, die sie mit offenen Armen empfangen. (Dass sie den entzückenden kleinen George zum Weinen bringt, werde ich ihr ewig nachtragen.)

Sie findet Jane Austens Werk "Emma" langweilig. nach Luft schnapp

Es war mir ein absolutes Rätsel, wie es Menschen geben konnte, die gerne Zeit mit Ela verbringen, geschweige denn Gefühle für sie entwickeln könnten. Wenn jemand konsequent unhöflich zu mir ist, meide ich ihn oder sie, end of story.

Welche Punkte mich im Laufe der Handlung ein wenig mit Ela versöhnen konnten:

Sie adoptiert 2 Hunde und verpasst einem von ihnen den niedlichen Namen "Würstchen".

Sie hält nie mit ihrer Meinung hinterm Berg, ist sehr direkt und schlagfertig.

Sie bedankt sich anständig bei George für seine 'geheime' Zeichnung. (Der kleine Kerl hat es mir angetan!)

Sie schreckt nicht vor einer Herausforderung zurück (Stichwort: Schlittenrennen).

Sie gibt zu, wenn sie einen Fehler gemacht hat.

ℐhren über eine Engelsgeduld verfügenden Dad hätte ich am liebsten umarmt und ihm tröstend auf die Schulter geklopft - oder ihm ein Glas Schnaps eingeschenkt. Armer Kerl! Ela betrachtet ihn meist auf ziemlich herzlose Weise - sie vergleicht seinen Körper z.B. mit dem Homer Simpsons Boss; findet, dass Iona optisch außerhalb seiner Liga spielt; kann sich nicht für ihn freuen; schämt sich ständig für ihn (z.B. dafür, dass er Iona verliebt anlächelt; …); beschwert sich, dass er zu viel arbeitet (gleichzeitig ist es aber selbstverständlich für sie, "reich" zu sein - sein Geld nimmt sie immer gerne, auch luxuriöse Geschenke; apropos: nicht mal das Geschenk FÜR IHN zahlt sie vom Taschengeld, sondern nimmt direkt seine Kreditkarte); regt sich darüber auf, dass ihm das Schicksal seiner Patienten zu nahe geht (hallo - solch einen empathischen Arzt kann man sich nur wünschen!) …Die Liste ließe sich endlos fortsetzen. Und jedes Mal reagiert Christian verständnisvoll und voller Nachsicht, lässt ihr alles durchgehen. Vielleicht liegt darin der Fehler, dass sie sich wie eine verzogene Diva aufführt, der die Welt gehört - ICH, ICH, ICH… Er hat Ela scheinbar nie ihre Grenzen aufgezeigt. Meine Message an ihn wäre: 'Christian, du bist einer von den Guten. Aber: You’ve tried - and you’ve failed. Ab ins Internat mit ihr, ehe sie dir weiterhin das Leben in deiner ohnehin spärlichen Freizeit schwermacht und dir jede potentielle neue Liebe vergrault.'

Folglich habe ich es absolut gefeiert, dass Ela bei Lennox endlich mal an jemanden gerät, der ihr deutlich die Meinung sagt. Bravo! Das wurde höchste Zeit.

Leicht irritierend fand ich, dass eine Rivalin/'böse' Figur aus heiterem Himmel nett wird, und dass das Ende sehr abrupt kam.

Fazit:
Der weihnachtlich-harmonische Aspekt dieses Jugendromans wurde von Elas Drama überschattet. Aufgrund der insgesamt unsympathischen Hauptfigur taten mir die restlichen Figuren nur leid - sie waren so lieb und hätten etwas Besseres verdient gehabt, als sich zur Weihnachtszeit mit einer derartigen Kratzbürste herumplagen zu müssen. Wenn man es als Leser:in mit Humor nimmt und grinsend den Kopf über Ela schütteln kann, gibt es durchaus amüsante Momente, und das Alaska-Flair ist großartig.