Rezension

Wenn dir ein Neuanfang vor die Nase knallt. Ergreifst du ihn?

Aller Anfang fällt vom Himmel - Veronika Peters

Aller Anfang fällt vom Himmel
von Veronika Peters

Bewertet mit 4 Sternen

Was habe ich am Anfang hier nur erwartet? Irgendwie eine Romanze. Da steht doch ganz fett Freundschaft dran, wie komme ich dann nur schrägerweise auf eine Liebesgeschichte?? Aber das macht überhaupt nichts, denn obwohl ich ein wenig überrascht war, habe ich eine so schöne und total andersartige Geschichte bekommen. Mal ganz ehrlich, so etwas habe ich noch nie (!) gelesen. Diese Themengebiete, die Grundidee und Umsetzung waren für mich vollkommenes Neuland und endlich mal wieder kein (nicht mal noch so kleiner) Abklatsch.

Am Anfang hatte ich so meine kleinen Probleme damit mich mit dem Schreibstil anzufreunden. Es ist weder schlecht geschrieben, noch sind ein Haufen Fachbegriffe drin, aber es klang in meinen Ohren wie die Erzählung eines passiven Betrachters. Deshalb haben mich die lebhaften Dialoge anfangs auch noch überraschen können. Im Laufe der Geschichte hat sich das Alles sowieso sehr aufgelockert und der komplette Schreibstil war sehr angenehm. Die Dialoge waren für mich ja schon sofort ein Genuss.

Die Kulisse in diesem Buch schmückt größtenteils Berlin und unverhofft auf meine Lieblingsstadt zu treffen, gibt dem Buch schon gleich gute Karten. Wie schön es war ein paar Orte und ganz besonders den genialen Dialekt wiederzutreffen. Natürlich zieht sich der Dialekt nicht durch alle Dialoge (wogegen ich ehrlich gesagt überhaupt nichts gehabt hätte), nur hier und da hat ein Charakter ihn zugeschrieben bekommen.

Kommen wir zu den Charakteren, die ich bis zum Ende so gut wie komplett ins Herz schließen musste. Den griesgrämigen Korbinian, den jeder nur Korb nennt und ihr könnt euch sicher vorstellen wie sehr ihn das auf den Wecker geht, lernt man in seinem komplett geordneten Leben kennen. Zumindest geordnet, wenn man nicht genauer hinschaut. Alles läuft nach einem Muster ab und ein Tag ist genau wie der andere. Doch dann kommt die junge Billa und wirbelt jedes Muster, jede mögliche Situation und sein ganzes Leben durcheinander.  Weil Korb mit einem pubertierenden und auch noch fremden Teenager nicht alleine klarkommt, ruft er kurzerhand noch seine jüngere Schwester hinzu. Für sie ist Ordnung ein Fremdwort und das spiegelt sich auch in ihrem kultigen Klamottengeschmack wieder. Trotzdem ist sie eine starke und selbstbewusste Frau, die man einfach gerne haben muss, gleich ab ihrem ersten Auftritt in einem pinken Plüschpyjama, in dem sie durch strömenden Regen zu ihrem Bruder zur Hilfe gelaufen ist.

Hier könnte ich eine lange Liste fortführen mit all den tollen und authentischen Charakteren, die man hier kennenlernen durfte. Selbst einen Hund schließt man ins Herz, der für mich eine besondere Erwähnung verdient hat. Angie du knautschige Bulldogge, du bist der Wahnsinn! ♥

Bis zum Schluss habe ich aber noch auf diesen einen besonderen Knaller oder DIE dramatische Wendung gehofft, die einfach nicht kommen wollte. Grundlage dafür hatte dieses Buch zu genüge, aber auch ohne das, hat die Autorin geschafft durch ihre eigene und ruhige Erzählart, emotional zu werden. Ich persönlich hätte trotzdem gerade am Ende noch gerne ein wenig mehr davon gehabt.

Fazit:

Mit dieser einzigartigen und zum Nachdenken anregenden Grundidee, den zuckersüßen und verrückten Haufen und den Entwicklungen in der Geschichte, hat die Autorin hier ein komplettes Wohlfühlbuch für mich kreiert. Meine Finger schwirrten immer in die Richtung des Buches, weil ich zurück in die Geschichte wollte, um herauszufinden was die Billa wohl als nächstes losgetreten hat. Ein Buch voller Überraschungen, mit dem ich auch eine bleibende Verbindung aufbauen konnte.

Zitat: 

"Insellehrer, das wäre der perfekte Job für ihn gewesen. Aber Marie hatte die Stadt gebraucht, den Trubel, die Geschäfte, die Kinos und Theater, all die Möglichkeiten, ihre freie Zeit mit tausenderlei Aktivitäten zu füllen. Und Korbinian hatte Marie gebraucht, mehr als alles andere."