Rezension

Wenn nur die Gier zählt...

Ich schenke dir die Angst - Ralf Gebhardt

Ich schenke dir die Angst
von Ralf Gebhardt

Bewertet mit 4 Sternen

„...Lass uns dort drüben abkürzen, vielleicht haben wir eine Chance, sie aufzuhalten! Mit einer Entführung dürfen die Verbrecher nicht davonkommen!...“

 

Magdalena, Kriminalschriftstellerin und Freundin von Kommissar Strömer, besucht zusammen mit dessen Tochter Verena eine Lesung auf der Leipziger Buchmesse. Beim Verlassen beobachten sie, wie die Referentin und eine weitere Frau abgedrängt und in ein Auto verladen werden. Magdalena und Verena stellen sich den Entführern entgegen, wie das obige Zitat zeigt. Doch schnell verschwinden beide mit im Auto.

Es sind vier Männer, die diese Entführung angezettelt haben. Ihr eigentliches Ziel war Mary Tomm und ihr Expertenwissen über die Europäische Zentralbank. Die Herren stammen aus gehobenen Schichten der Bevölkerung. Ihre Moral allerdings gehört in die unterste Schublade. Das wird nicht nur in ihrem gegenwärtigen Handeln, sondern auch in kurzen Einblenden in die ältere oder jüngere Vergangenheit deutlich.

Der Autor hat einen fesselnden Krimi geschrieben.

Während Kommissar Strömer um das Leben von Magdalena und Verena bangt, wird den Frauen auf brutale Weise klar gemacht, wer nach der Entführung das Sagen hat. Drei von ihnen werden in Reserve gehalten und unter Drogen gesetzt, um sie als Druckmittel gegen Mary einsetzen zu können. Die versucht man mit Gewalt zu brechen. Hier war mir das Buch eindeutig zu blutrünstig. Zu detailliert hat der Autor die Phantasie eines brutalen Psychopathen beschrieben. Weniger wäre mehr gewesen. Wenn der Protagonist dann noch mit folgenden Worten charakterisiert wird, ist klar, wie weit Schein und Sein auseinanderliegen.

 

„...Ezart gehörte zu den Besonnenen, immer...“

 

Drei Handlungsstränge laufen parallel. Einerseits versucht die Kripo alles, um die entführten Frauen zu finden. Andererseits nutzen die Entführer Marys wissen, um die Börse zu manipulieren und Milliarden zu verdienen. Eine weitere Gruppe ist auf der Suche nachdem verschwundenen Gold der DDR – Regierung. Sie vermuten es unter den Mansfelder Halden.

Einen umfassenden Einblick gewährt mir der Autor in die Mansfelder Gegend. Ich lerne nicht nur den einen oder anderen Ort kennen, sondern auch die weitverzweigte Welt untertage.

In allgemeinverständlicher Art wird dargelegt, wie die Eingriffe bei der Börse funktionieren werden. Setzen auf steigende und fallende Kurse ist nur eins der Themen. Gekonnt werden die Beschwichtigungsversuche der ahnungslosen Politiker wiedergegeben, als es zu ersten Ausschläge im Handeln kommt. Das folgende Zitat zeigt die menschlichen Schwächen treffend.

 

„...Gier, Angst, Sucht und Wahnsinn. Würde man das in einem einzigen Chart abbilden, gäbe es seiner Meinung nach nichts Besseres als die Fieberkurven der Börse...“

 

Kommissar Strömer entwickelt sich zum Nervenbündel – verständlich. Die Polizei stochert hie und da, ohne konkrete Ergebnisse zu erhalten. Und dann spielen sie genauso mit einem Menschenleben wie die Entführer. Für die Politik zählt in erster Linie die Stabilität der Währung, Menschenleben sind zweitrangig.

Das Ende des Buches lässt mich mit mehreren Fragen zurück.

Insgesamt hat mir die Geschichte gut gefallen. Sie zeigt, wie anfällig unser Finanzsystem sein kann.