Rezension

Wer nicht dient, kann auch nicht lieben

Zu schützen und zu dienen -

Zu schützen und zu dienen
von Dania Dicken

Bewertet mit 5 Sternen

"Der Wahrheit dienen wenige in Wahrheit, weil nur wenige den reinen Willen haben, gerecht zu sein, und selbst von diesen wieder die wenigsten die Kraft, gerecht sein zu können. (Friedrich Nietzsche)
Wenige Wochen nur ist es her, dass Libby und Owen eine kleine Familie wurden. Für Tochter Gracie nimmt Libby nun eine Auszeit als Agent der BAU. Allerdings so einfach, wie sie sich dies vorgestellt hat, ist es nicht. Die ständige Müdigkeit bringt sie schnell an ihre Grenzen und das Alleinsein zu Hause ist keine einfache Sache für sie. Darüber hinaus bekommt Owen noch Ärger bei seiner Arbeit der MPDC. Bei einem Einsatz wird ein junger Schwarzer von einem seiner Kollegen vorsätzlich getötet und dies, obwohl er unbewaffnet war. Alle drei Polizisten, die dabei waren, sind sich einig. Einzig Owen will seinen Polizeieid nicht verraten und entschließt sich bei der Wahrheit zu bleiben. Gleichwohl Owen nach einem Zeitungsartikel die Bevölkerung vor allem die schwarze Gemeinschaft hinter sich hat, lassen seine Kollegen es ihn immer mehr spüren. Erste Ausgrenzungen, Ignoranz bis hin zu Sachschäden machen Libby Sorgen. Speziell, weil sie in ihrer aktuellen Lage nicht viel tun kann und sie recht dünnhäutigen ist. Doch als daraufhin Owens Leben in Gefahr gerät, wird ihre Befürchtung zur Realität.

Meine Meinung:
Mit einem sehr persönlichen Fall der Familie Whitman/ Young und einem schönen Cover geht es in den siebzehnten Band dieser Reihe. In diesem werden die heutigen Probleme der USA gegenüber der schwarzen Bevölkerung beleuchtet. Hervorheben sollten wir die Fälle des Afroamerikaners George Floyd (2020) und Tyre Nichols (2023), die mich erschüttert haben. Ist die Polizei zu rassistisch und wie kann man diese Gewalt stoppen? Und so geht es in diesem siebzehnten Band genau um so einen Fall. Zusätzlich haben wir es noch mit dem unausgesprochenen Polizeikodex zu tun:
"Niemals wird ein Kollege ans Messer geliefert. Egal, was dieser getan hat, ob er im Recht ist oder nicht." Doch was ist mit dem Eid eines Polizisten, den Menschen zu dienen und sie zu beschützen? Genau das fragt sich Owen und entschließt sich für die Wahrheit. Leider kommt diese Entscheidung bei seinen Kollegen nicht gut an und selbst sein Partner und Freund Benny Morgan entschließt sich lieber aus Angst den Mund zu halten, anstatt Owen beizustehen. Im Gegenzug erlebe ich äußerst emotionale, hormongesteuerte Libby, die schnell an ihre Grenzen gerät und das krasse Gegenteil von dem ist, wie ich sie sonst kenne. Durch die Geburt ihrer Tochter sind ihre Ängste und Sorgen größer geworden und ihr Alltag hat sich zudem sehr verändert. Das Alleinsein zu Hause frustriert sie und erinnert sie zeitweise an ihre Zeit in der FLDS Sekte. Mit ihrem neuen Verantwortungsbewusstsein für Gracie zweifelt selbst sie an Owens Entscheidung, besonders als man ihn körperlich attackiert. Zwischen häuslicher und beruflicher Verantwortung, Rassismus, Polizeikodex, Wahrheit und Dienen nimmt uns dieses Buch mit in einen Fall, der realistischer denn je ist. Vielleicht ist es mitunter an manchen Stellen etwas zu viel Privatleben, das hier hineinfließt, doch es stört mich nicht. Mir gefällt dagegen, dass ich einmal eine ganz andere Seite von Libby erleben darf. Aber noch besser finde ich, dass die zeitgemäße Problematik in diesem Band eine so herausragende Rolle bekommt. Warum selbst sein bester Freund so unentschlossen ist, hat mich am meisten verwundert. Welche Dimension dieser Fall am Ende wirklich noch bekommt, hätte ich niemals erwartet. Gut durchdacht sind wieder einmal die Charaktere, ihre Handlungen und Motivation. Hervorheben möchte ich speziell den ausgefuchst Zeitungsartikel der Autorin. Von mir gibt es daher erneut 5 von 5 Sterne.