Rezension

Wertvolles Zeugnis eines der wenigen Überlebenden: Vom gepeinigten KZ-Häftling zum fröhlichen Schuh-Designer

Auschwitz # 34207 - Nancy Sprowell Geise

Auschwitz # 34207
von Nancy Sprowell Geise

Bewertet mit 5 Sternen

Mittlerweile ist Joe Rubinstein, ein Überlebender des schrecklichen Konzentrationslagers Auschwitz, fast hundert Jahre alt. Wie durch ein Wunder übersteht er Jahre in dieser Hölle und wird später zu einem gefeierten Schuhdesigner in Amerika. Lange Jahre schweigt er beharrlich über seine grauenvollen Erlebnisse, bis er sich schließlich der Autorin dieses Buchs anvertraut.

Der 1920 geborene Jude Joe Rubinstein lebt mit seiner Familie in Polen. Obwohl sie nicht viel zum Leben haben, ist seine Kindheit von Liebe und Geborgenheit geprägt. Sein Vater stirbt, als Joe noch ein Kind ist. Sein ältester Bruder sorgt dafür, dass alle Geschwister die alleinerziehende Mutter unterstützen. Darum lernt Joe schon früh hart zu arbeiten.

Besonders viel Spaß macht es ihm Schuhe zu entwerfen und herzustellen. Von seinem jüdischen Lehrmeister lernt er sehr viel. Als die Stimmung in Polen immer judenfeindlicher wird, verlässt der Geschäftsmann jedoch das Land. 

Der junge Joe versteht nicht, warum er auf einmal als Jude verachtet wird. Wie kann es sein, dass Nachbarn einander auf einmal verraten, und Juden ohne Grund verprügelt werden?

Und dann kommt der schreckliche Tag. In den frühen Morgenstunden wird Joe von einem lauten Hämmern an der Tür geweckt. Deutsche Soldaten nehmen ihn mit. Er darf sich noch nicht einmal anziehen. Er hat auch keine Möglichkeit sich von seiner Familie zu verabschieden.

Mehrere Tage verbringt er frierend und hungernd, zuerst auf einem Lastwagen und dann in einem Viehwagon, bis er schließlich das Ziel erreicht: Auschwitz. Dort erlebt er unvorstellbare Qualen und Demütigungen. Der Tod ist dort etwas Selbstverständliches. Viele verhungern oder sterben an Krankheiten, aber besonders schlimm sind die Gaskammern und die grausamen Spiele der Bewacher.

Joe kann die Grausamkeiten, die er erlebt, nicht begreifen. Sie belasten ihn so stark, dass er nach seiner Befreiung nie darüber spricht. Aber nach siebzig Jahren will er sein Schweigen brechen. Als einer der letzten Augenzeugen dieser Hölle, will er nun von dem berichten, was er erlebt hat.

Weil es so schmerzhaft ist, dauert es mehrere Jahre, bis er der Autorin von seinen Erlebnissen berichtet hat. Sie ergänzt und bestätigt das Gehörte durch umfangreiche Recherchen. Das Ergebnis ist dieses bewegende Buch.

In leisen Moll-Tönen erzählt, begleitet der Leser Joe von seiner glücklichen Kindheit zu den Vernichtungsstätten Hitlers, und schließlich nach Amerika, wo er ein erfolgreicher Schuh-Designer wird. Der Schwerpunkt liegt auf dem Erleben in Auschwitz. Die kurzen Kapitel beschreiben die Menschen, die nach einer anstrengenden Reise ankommen, nur um bald zu sterben, und sie machen den Hunger, die Strafen und die Hoffnungslosigkeit spürbar.

Das Erschütternde an diesem Bericht ist der Kontrast zwischen der Sicht Joes und seiner Bewacher. Während er in jedem Häftling einen wertvollen Menschen und Individuum sieht, sehen die Ausführenden von Hitlers Wahnsinn nur eine menschlose Masse.

Neben der Erzählung Joes enthält dieses Buch umfangreiche vertiefende Informationen. Drei Bildteile enthalten passende Bilder. Die Bilder zeigen allerdings nicht Joes ersten Jahre, da er keine Bilder retten konnte. Die meisten Bilder stammen aus verschiedenen geschichtlichen Quellen und machen das Erzählte auf schmerzhafte Weise lebendig.

Sehr schön ist die Ausführung und Gestaltung dieses wertvollen Buchs. Die etwas größere Schrift ist auch für ältere Leser gut geeignet.

Fazit: Ein wichtiges Zeugnis eines Überlebenden über die schrecklichen Zustände in einem Konzentrationslager im Dritten Reich. Nüchtern erzählt ein Mann mit viel Lebenserfahrung von grauenhaften Erlebnissen, aber auch von seiner Liebe zum Leben, zu Gott und zu seinen Mitmenschen. Sehr zu empfehlen!