Rezension

Wie perfekt kann man ohne Lügen sein

Der Junge - Alex Dahl

Der Junge
von Alex Dahl

Bewertet mit 4 Sternen

In "Der Junge" von Alex Dahl ist das plötzliche Auftauchen eines kleinen Jungen für Cecilia Wilborgs eine sich andeutende Katastrophe. Wird der Junge ihr perfektes Leben so sehr in Gefahr bringen und was wird Cecilia dagegen tun können ?

Zum Inhalt:

Cecilia Wilborg lebt mit Ihrem Mann und ihren beiden Töchtern in einer kleinen und idyllischen Kleinstadt in Norwegen. Sie führt ein erfolgreiches Leben, das sie selbst als perfekt bezeichnen würde. Ordentliches Haus, vorzeigbare Autos, gesellschaftlich anerkannt und natürlich wohlhabend. 
Nach einem Besuch im Schwimmbad wird sie gebeten, einen kleinen Jungen nach Hause zu bringen. Er wurde nicht von seiner Mutter abgeholt. In seinem zu Hause angekommen, findet Cecilia ein leeres Haus und nimmt den Jungen zunächst für eine Nacht mit zu sich nach Hause. Anscheinend wird er nicht vermisst und niemand scheint ihn zu kennen. Wenige Tage später wird eine Frau tot aufgefunden, die die Mutter des Jungen sein könnte. 
Irgendetwas an diesem Jungen kommt Cecilia vertraut vor. In ihrem Leben gibt es ein gut gehütetes Geheimnis, das niemand erfahren darf. Das so perfekt geglaubte Leben gerät immer mehr aus den Fugen und sie setzt alles daran, ihre Idylle und ihre heile Welt durch ein großes, aber zerbrechliches Lügengerüst zu beschützen. 

Mein Eindruck:

Alex Dahl bringt Cecilias perfektes Leben und ihr Streben nach dem idealen Familienbild mächtig ins Wanken. Immer wieder legt Cecilia sich und ihrem Umfeld neue Erklärungen vor, um von ihrem so gar nicht perfekten Teil in ihrem Leben abzulenken. Um die Wahrheit weiter zu verbergen, baut sie ein Kartenhaus aus Lügen auf. Sehr schnell kristallisiert sich heraus, dass hinter der sorgfältig aufgebauten Fassade ein ganz anderes Leben und Denken die Hauptrolle spielt. Alex Dahl spielt sehr geschickt mit Cecilias innerem Antrieb, ihrem eigenen Denken und dem erfolgreichen Verdrängen. Cecilia wirkt insgesamt sehr unaufgeräumt und ist eine sehr spannende, weil sehr undurchsichtige Persönlichkeit.
Die Spannung lebt von immer neuen Wendungen im großen und im kleinen. Als Leser lernt man schnell, dass man Cecilia nicht über den Weg trauen kann. Immer wieder schälen sich plötzlich neue Wahrheiten ans Tageslicht. Neben Cecilia, werden auch die Lebensgeschichten des kleinen Jungen und der toten Frau beschrieben. Diese drei sehr wichtigen Charaktere werden jeweils aus ihrer Ich-Perspektive beschrieben. Daher wirken sie und ihre Schicksale sehr intensiv auf den Leser. Verschiedene Sichtweisen auf gewisse Situationen verdeutlichen, welche Probleme vor allem Cecilia mit der Situation hat.
Der Schreibstil ist sehr angenehm und vor allem sehr glaubwürdig auf die jeweilige Perspektiven abgestimmt. Ob man nun als Normalmensch alle Entscheidungen und Sichtweisen der Charaktere teilen kann, ist ja nicht die Frage. Dennoch wirkt die Geschichte über alles betrachtet authentisch und glaubwürdig. 

Fazit:

"Der Junge" ist ein eindringlicher und sehr gut gelungener Psychothriller. Die Charaktere stehen mit ihren Problemen und Schicksalen im Mittelpunkt und das sich immer schneller drehende Lügenkarussel macht die Geschichte besonders spannend.