Rezension

Winterschlaf auf Vicodin

Mein Jahr der Ruhe und Entspannung - Ottessa Moshfegh

Mein Jahr der Ruhe und Entspannung
von Ottessa Moshfegh

Bewertet mit 5 Sternen

Sie will einfach nur schlafen! Zwar ist sie jung und bildhübsch – ohne dass es ihr viel bedeuten würde –, hat eine hippe Wohnung in New York und einen noch hipperen Job in einer Kunstgalerie aber die einzige Sehnsucht, die sie im Leben hat, ist es ein Jahr lang „Winterschlaf“ zu halten. Danach wird bestimmt alles besser werden. Aber um das erstrebte Schlafpensum zu schaffen, braucht sie medikamentöse Hilfe – und die bekommt sie leichter als gedacht. Aber ist so ein Jahr Schlaf zusammen mit einem experimentellen Medikamentencocktail überhaupt zu überleben?

Die unbequemen Figuren in dieser verrückten Geschichte muss man mögen. Unsere Erzählerin ist hauptsächlich mit sich selbst beschäftigt, unzufrieden mit der Welt und damit, dass sie nichts mehr fühlt. Warum ihre einzige Freundin Reva überhaupt noch Kontakt zu ihr hält, kann sie sich selbst nicht erklären. Dabei wäre sie nicht einmal unglücklich, wenn diese Quasselstrippe sie einfach in Ruhe lassen würde. Die on-off-Beziehung mit ihrem bisher einzigen festen Partner, dem steifen Umsympathen Trevor ist eine einzige, ungesunde Katastrophe. Ihre Therapeutin ist verrückte Katzenlady und Inkompetenz in Person, aber schon wieder so drüber, dass ich sie ziemlich amüsant fand.

An vielen Stellen ist der Roman fast lächerlich verrückt. Aber dabei so düster, dass einem das Lachen in Halse steckenbleibt. Einsam und haltlos stößt die Erzählerin alle von sich weg und sehnt sich dabei doch nach Nähe. Die schlechte Beziehung zu ihren früh verstorbenen Eltern belastet sie, aber richtige Gefühle wollen sich trotzdem nicht einstellen. Alles ist dumpf, nur im Schlaf fühlt sie sich geborgen.

Es ist erstaunlich, dass Moshfegh es bei alldem schafft, dass man trotzdem irgendwie Sympathien für die Erzählerin aufbringt. Viel liegt wahrscheinlich am gekonnten Schreibstil, der mich durchgehend mitgezogen hat. Viel aber wohl auch an der absolut ungewöhnlichen Story, die mich genauso begeistert wie verstört hat. Nebenbei funktioniert der Roman auch noch als gelungene Kritik am oberflächlichen Leben in der modernen Großstadt.

Mich hat diese düstere und ungewöhnliche Geschichte definitiv begeistert und fasziniert. Es ist kein schöner Roman, es steckt viel Trauer im diesem Buch; viel Einsamkeit und viele kaputte Menschen. Das muss man mögen. Für mich hat alles wunderbar gepasst und es ist definitiv ein Roman, den ich gerne noch öfter lesen würde.

Kommentare

LySch kommentierte am 12. November 2021 um 14:05

Klingt mega! Liegt hier schon auf dem SuB ^^ Ich konnte nicht widerstehen, als es mal in meiner Dorf-Buchhandlung herumstand ;)

katzenminze kommentierte am 12. November 2021 um 15:43

Bücher sind einfach unwiderstehlich. ;) Ich hoffe du wirst auch begeistert sein! :D