Wir, die Fiebernden

New York Ghost
von Ling Ma

Bewertet mit 4 Sternen

Candace ist das Kind chinesischer Einwanderer und lebt seit ein paar Jahren in ihrer Traumstadt New York. Ihr Job ist ok, ihre Beziehung ist ok, aber trotzdem wirkt die junge Frau recht verloren in dieser riesigen, immer teurer werdenden Stadt, die sie vor lauter Arbeit und Alltag kaum mehr genießen kann. Doch dann kommt das Shen-Fieber und New York beginnt sich nach und nach zu leeren. Bis nur noch Candace übrig zu sein scheint und die Geisterstadt in ihrem Blog "New York Ghost" dokumentiert. Doch auch sie kann nicht ewig bleiben.

Ling Ma erzählt abwechselnd aus Candace' Leben vor und nach dem Shen-Fieber. Man erfährt die Geschichte ihrer Eltern, die sie mit etwa sechs Jahren nach Amerika geholt haben. Man erfährt von ihrem Job und ihrer Beziehung und natürlich von der seltsamen Gruppe an Leuten, die sie nach der Fieberepidemie aufgelesen hat und vom Überleben in dieser leeren Welt.

Geschickt verbinden sich Themen wie Migration, Pandemie, Kapitalismus und die Verlorenheit der End-20er miteinander. Unaufgeregt und treffend beschreibt Ling Ma eine absurde Arbeitsmoral, das zwiespältige Verhältnis zu Herkunft und Familie und erschafft mit den Fiebernden eine Kategorie an Menschen, die den Leser dezent zur Selbstreflektion anschubst.

New York Ghost ist ein intelligenter Roman der ruhig und unaufgeregt daherkommt. Er ist ebensosehr Familiengeschichte wie Pandemieroman; so verträumt wie interessant. Ich mochte die Geschichte gerne!