»Wir sind aus solchem Stoff wie Träume sind, und unser kleines Leben ist von einem Schlaf umringt.«
Bewertet mit 4.5 Sternen
Felix ist ein begnadeter Theaterregisseur, der mit seinen ungewöhnlichen Inszenierungen immer wieder für Furore sorgt. Die Aufführung von Shakespeares »Der Sturm« soll gleichermaßen der Höhepunkt seines Schaffens werden wie ihm dabei helfen, einen persönlichen Verlust zu verarbeiten, doch dazu kommt es nicht. Durch eine Intrige gestürzt, muss er das Theater verlassen. Felix zieht sich zurück, gibt sich ganz seiner Trauer und seinem verletzten Stolz hin. Ganze 12 Jahre später dann ist die Stunde der Rache nah, denn das Schicksal bietet ihm erneut die Gelegenheit, seinen ganz persönlichen »Sturm« in Szene zu setzen.
»Hexensaat« (OT: Hag-Seed) – Was für eine einzigartige und wunderbar bissige Neuinterpretation des Stückes »Der Sturm«. Ich habe jede Seite genossen und bin absolut angetan von Atwoods Erzählstil. Vor einiger Zeit las ich Shakespeares Stück und war nun gespannt auf das im Zuge des Hogarth-Projektes entstandene Werk Atwoods. (Anmerkung: 2016 hatte die Londoner Hogarth Press anlässlich des großen Shakespeare-Jubiläumsjahres 2016 englischsprachige Autoren dazu eingeladen, ihr Lieblingsstück von Shakespeare umzuschreiben.) Irgendwie wundert es mich nicht, dass Atwood sich ausgerechnet für dieses Stück entschieden hat. Mit viel intelligentem Humor gespickt, verleiht sie ihrer Geschichte eine einzigartige, frische Note und so ist Atwoods Roman auch alles andere als dröge. Doch ungeachtet der vielen Szenen, die zum Schmunzeln verleiten und perfekt unterhalten, ist ihre Geschichte auch sehr lehrreich, berührend und regt stark zum Nachdenken an. Hier steht sie dem großen Shakespeare in nichts nach. Der Theater- und Literaturbetrieb muss einige Seitenhiebe wegstecken und auch an Gesellschaftskritik fehlt es – ganz typisch Atwood – nicht, auch wenn sie sich diesbezüglich hier etwas zurückhaltender gibt.
Fazit
Es braucht nicht viele Worte, um dieses Stück im Stück zu beschreiben – gewitzt, intelligent, instruktiv und überaus unterhaltsam – vor allem aber lesenswert. Chapeau und Bravo!