Rezension

Yes! Stroud did it again! Kultreihe mit Charme und Witz, die 2017 keinesfalls enden darf

Lockwood & Co: The Creeping Shadow - Jonathan Stroud

Lockwood & Co: The Creeping Shadow
von Jonathan Stroud

Bewertet mit 5 Sternen

Lieblingsreihe forever

Der vierte Fall der Geisterjäger-Detektei „Lockwood und Co“ ist da und ich habe so langsam das Gefühl, dass ich jedes Jahr dasselbe schreibe. ;-) Nämlich: Diese Reihe ist genial! Sie ist witzig, sie ist originell, sie ist gruselig. Wer sie noch nicht gelesen hat, darf sich glücklich schätzen, denn er/sie kann einen echten literarischen Schatz entdecken. Diese Serie hält konstant ihr Niveau und der neue Band „The Creeping Shadow“ („Das flammende Phantom“) ist jeden einzelnen Cent seines Preises wert!

Die Handlung möchte ich nicht vorweg nehmen. Nur soviel: Die losen Fäden der ersten drei Bände verweben sich nun langsam. Das ist gut, weil man merkt, dass Stroud nicht ins Blaue hinein schreibt. Es gibt in diesem Buch außerdem einige umwerfend eindrucksvolle Schauplätze. Es geht tief unter die Erde in eine alte U-Bahn-Station hinein und in ein heimgesuchtes Dorf. Die Kombination von Realem/Alltäglichen mit einer völlig aus den Fugen geratenen Geisterwelt sorgt auch dieses Mal für diesen ungewöhnlichen Kontrast, dem ein ganz besonderer Zauber innewohnt.
Ach ja … hat Lucy nicht letztes Jahr der Detektei den Rücken gekehrt? Jep! Hat sie. Wie Stroud dieses Problem löst, werdet ihr selbst sehen. Denn wer die Serie bis hierher verfolgt hat, der wird, der muss (!) den neuen Teil lesen, den meiner Meinung nach besten der Reihe. Aber das sage ich jedes Jahr.

Alles weitere dürfte den Fans dieser Reihe bereits bekannt sein.
Mit einem sagenhaften Sprachfundus für unheimliche Atmosphäre zelebriert Jonathan Stroud seine Geisterjagden, baut leisen Grusel auf, lässt den Leser zwischendurch erleichtert aufatmen, um sofort wieder eine Gänsehaut entstehen zu lassen. So dicht wie bei Stroud wabert der Nebel nirgendwo sonst. Ektoplasma ist nirgends eisiger und rostige Ketten klirren nirgends schauriger. Diese Passagen sind umwerfend. Ich habe sie klar vor Augen, ich spüre die Kälte, höre das leise Wispern von Stimmen und rieche den Tee, den „Lockwood & Co“ regelmäßig kochen, um sich die Zeit bis zur nächsten paranormalen Erscheinung zu vertreiben. Da sich die einzelnen Fälle immer sehr gemächlich entwickeln, könnte man meinen, das alles würde irgendwann langweilig werden. Wird es aber nicht. Niemals!
Der Charme der Reihe aber entsteht (wie schon bei „Harry Potter“ oder den „Drei Fragezeichen“) durch eine Kombination aus Spannung und Witz. Minutenlang kann man die Augen nicht vom Papier lösen, vergisst das Blinzeln, vergisst das Atmen und im nächsten Moment löst sich die ganze Spannung in einem Kichern auf. Herrlich!

Hinzu kommt eine außerordentlich liebevolle Zeichnung der Charaktere, die jedes Jahr genauer wird. Die kleine Lockwood-Familie ist mir im Laufe der Jahre sehr ans Herz gewachsen – ich sorge mich um jeden Einzelnen von ihnen und habe in diesem Teil mit ihnen gelitten wie nie zuvor.
Dabei handelt es sich um einen ziemlich unperfekten Haufen. Die Agenturmitglieder könnten unterschiedlicher nicht sein, haben aber gelernt, die Stärken der jeweils anderen zu schätzen und wechselseitig das Beste aus sich herauszuholen. Was sie auszeichnet, ist Mut und Toleranz und im entscheidenden Moment füreinander da zu sein.
Im Mittelpunkt stehen der exzentrische Chef der Detektei, Anthony Lockwood, Erzählerin Lucy, die mit einem besonderen Talent des Geisterhörens ausgestattet ist und das verfressene Recherchegenie George. Das Team ist jedoch nicht statisch, es wächst und verändert sich und auch das ist ungewöhnlich und zeichnet die Reihe aus. Nach dem phänomenal-zynischen, sprechenden Schädel, ist die unerträglich perfekte Holly Munro zur Portland Row 35 dazugestoßen; dieses Mal gibt es für die Agentur eine weitere überraschende Unterstützung.

Obgleich ich weiß, dass diese herausragende Serie irgendwann enden wird, hoffe ich inständig, dass dies nicht allzu schnell geschieht. Denn ehrlich gesagt: Die Vorstellung, dass ich in diese fantastische Welt voll böser Geister und knuspriger Kekse irgendwann nicht mehr werde eintauchen können, ist das Allerallergruseligste an dieser tollen Reihe überhaupt!

Daher weigere ich mich entschieden zu glauben, dass es nur noch einen weiteren Teil geben wird. Jonathan Stroud hatte ursprünglich vier Bücher angekündigt. Inzwischen hat er auf fünf erhöht. Dem Verlag liegen tatsächlich keine Informationen zu weiteren Fortsetzungen vor. Ich finde, Flexibilität ist eine lobenswerte Eigenschaft und hoffe, dass Stroud sich diese bewahrt. Sechs ist doch auch eine schöne Zahl … oder sieben …oder acht oder …!
In der Hoffnung den Druck auf den Autor in dieser Hinsicht ein wenig erhöht zu haben, verbleibe ich mit meinem Fazit:
Genial! Wie immer!