Rezension

Zeit der Entscheidung

Das Erbe von Pollard Creek - Claudia Romes

Das Erbe von Pollard Creek
von Claudia Romes

„...Macht den Menschen, die ihr liebt, das wertvollste Geschenk von allen. Schenkt ihnen eure Zeit...“

Einst wurde Ellie von ihrer Mutter nach Kanada zu Tante Christa geschickt. Dort hat sie bis zu ihrem 18. Geburtstag gelebt. Dann kehrte sie nach Deutschland zurück. Mittlerweile sind 10 Jahre vergangen. Nun ist sie erneut in Pollard Creek angekommen, um die Ranch ihrer Tante zu verkaufen. Tante Christa hat ihr einen Brief hinterlassen. Sie möge mit dem Erbe tun, was für sie das Beste ist.
Schnell sind die alten Erinnerungen wieder da. Im Rückblick charakterisiert sich Ellie so:

„...Ich war ein typisches Problemkind, das sich nicht mit der eigenen Zukunft befasste. Kurz gesagt, ich war anstrengend...“

Ellie hat vor 10 Jahren auch Sean, den Sohn des Restaurantbesitzers, verlassen. Plötzlich erwacht die alte Liebe wieder. Doch Sean geht erst einmal auf Distanz.
Die Autorin hat einen berührenden Liebesroman geschrieben. Die Geschichte lässt sich flott lesen.
Der Schriftstil ist abwechslungsreich. Mit passenden Metaphern wird die Weite, aber auch die Einsamkeit der kanadischen Landschaft beschrieben. Bedrückend sind die Telefonate von Ellie mit ihrer Mutter. Ihnen fehlt jede Spur von Zuneigung und Liebe. Dafür ist ein gewisser Besitzanspruch der Mutter spürbar.
Ganz anders lesen sich die Dialoge zwischen Ellie und Sean. Hier schwingt eine tiefe Zuneigung mit, die beide aber gut verstecken. Gleichzeitig fallen Sätze, die fast philosophisch klingen.

„...Jeder hat hin und wieder Angst. Das ist natürlich. Entscheidend ist allein, dass wir uns nicht von ihr kontrollieren lassen...“

Als Ellie eine Metalldose mit Liebesbriefen findet, fragt sie sich, ob sie ihre Tante Christa wirklich so gut gekannt hat, wie sie glaubte. Christa schien mit ihrem Leben ohne Mann zufrieden gewesen zu sein. Wer war der geheimnisvolle Fremde, dessen voller Name nirgendwo erscheint?
Ellie und Sean wollen den Unbekannten finden, um ihn Tante Christas letzten Brief zu geben.
Sehr gut werden die Emotionen der Protagonisten wiedergegeben. Sean ist hin- und hergerissen zwischen der Liebe zu Ellie und der Verantwortung zu seiner Verlobten. Ellie wiederum war in Deutschland nie glücklich. Doch ohne Sean hält sie nichts in Kanada. Sie ist kein Mensch für die Einsamkeit. Außerdem wird sie von Selbstvorwürfen geplagt, in den letzten 10 Jahren eine Menge an falschen Entscheidungen getroffen zu haben. Wird sie den folgenden Rat berücksichtigen?

„...Greif nach deinem Glück, wenn du es vor dir siehst. Halt es ganz fest und lass es dir nicht nehmen, weil du glaubst, du hättest es nicht verdient...“

Sean und Ellie müssen eine Entscheidung treffen. Das gerade Tante Christas alte Liebe dazu den Anstoß gibt, ahnen sie nicht.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Die Protagonisten werden ausreichend charakterisiert. Ihre Beweggründe für ihr Verhalten sind nachvollziehbar. Dass beide Liebesgeschichten eine ähnliche Konstellation aufweisen, gibt dem Geschehen eine besondereNote.