Rezension

Zeitgemälde

Mit einem Mann möcht ich nicht tauschen - Marie Bruns-Bode

Mit einem Mann möcht ich nicht tauschen
von Marie Bruns-Bode

Bewertet mit 3 Sternen

~~Marie Bruns-Bode (1885-1952) war Tochter des Berliner Museumsdirektors Wilhelm von Bode und Ehefrau von Viktor Bruns, Professor für Völkerrechte und Begründer des Kaiser Wilhelm Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Berlin.
Rainer Noltenius, der Enkelsohn der Protagonistin, legt Maries Biografie nach akribischer Recherche in Form von Tagebucheinträgen und Briefen dieser außergewöhnlichen Frau auf.
Privilegiert und bildungsaffin wuchs Marie auf. Ihr Wunsch nach einer fundierten Ausbildung wurde ihr vom Vater zwar nicht erfüllt, aber trotzdem fand sie die Möglichkeit junge Mädchen in Kunstgeschichte zu unterrichten. Sogar die Tochter des Kaisers zählte zu ihren Schülerinnen. Heirat, Kindererziehung und vor allem der erste Weltkrieg beendete ihre Unterrichtstätigkeit, und so fand sie Erfüllung darin, ihren Ehemann beruflich zu unterstützen. Zahlreiche Tagebucheinträge und Briefe erzählen von dieser Zeit.
Über Maries Leben während des NS-Regimes und des Zweiten Weltkrieges finden sich nur wenige Aufzeichnungen, Seiten aus den Tagebüchern waren entfernt worden. Die verbliebenen Berichte lesen sich allesamt sehr unpolitisch, dies wohl aus gutem Grund.
Marie Bruns-Bode war wohl für die Zeit, in der sie aufwuchs, eine Ausnahmeerscheinung. Weltoffen, wortgewandt, kritisch und interessiert an Kunst und dem aktuellen Zeitgeschehen musste sich dennoch gewissen Zwängen der Gesellschaft beugen.
Mir schien, dass in Maries Brust zwei Seelen wohnten, einerseits strebte sie nach Eigenständigkeit und Selbstverwirklichung anderseits wollte sie dem Ideal der Ehefrau und Mutter entsprechen. So war ihr auch die Verheiratung ihrer Töchter ein großes Anliegen, wollte sie versorgt wissen, allerdings nicht ohne Ausbildung. Sie selbst haderte in späteren Jahren mit ihrer Mutterrolle, ausgedrückt in einem sehr persönlichen und berührenden Brief an ihre Lebensfreundin Marie von Gebsattel.
Die Ausstattung und Gestaltung des Buches möchte ich lobend erwähnen, der Einband haptisch sehr ansprechend, mit Lesebändchen. Fotografien, Bilder und Zeichnungen werten die Ausgabe ungemein auf. Mir persönlich wäre eine chronologische Reihung von Tagebüchern und Briefen lesefreundlicher erschienen und nicht, wie vorgelegt, die beiden Textsorten in voneinander getrennten Blöcken anzuführen. Vieles was im Nachwort stand, hätte ich gerne als Vorwort gelesen, um manche Zusammenhänge richtig zu verstehen.  Vermisst habe ich einen Familienstammbaum.