Rezension

Zu Anfang war ich sehr begeistert.

Marx. Der Unvollendete - Jürgen Neffe

Marx. Der Unvollendete
von Jürgen Neffe

Bewertet mit 4 Sternen

Dass so viel Marx zitiert wird, ist, je nach Sicht des Lesers, Schwäche oder Stärke. Für mich hat die ansonsten hervorragende Biografie, dabei verloren.

Jürgen Neffe schreibt endlich einmal eine komplizierte Biographie in verständlicher Sprache. Kompliziert ist die Biographie, weil Karl Marx komplizierte Bücher geschrieben hat. Und in ausschweifendem, raumgreifendem Stil.

Jürgen Neffe stellt den Menschen Karl Marx dar, inmitten seines Schaffens und seiner Privatheit. Dabei erklärt er die marxschen (marxistischen) Begriffe, so dass man sie nachvollziehen kann.

Wenn Jürgen Neffe interpretiert und wertet, gefällt er mir am besten. Ich will ja Neffe lesen. Hinten raus zitiert er mir zu viel. Viel zu viel. Sicher, das heißt, dass der Autor quellsicher ist. Daran zweifle ich aber gar nicht. Die Sache ist die, wenn ich Neffe lese, will ich auch Neffe lesen und wenn ich Marx lesen wollte, hätte ich etwas von Marx gelesen. Und dass der Autor wissenschaftlich zu arbeiten in der Lage ist, muss er mir nicht beweisen.

Den Menschen Karl Marx kenne ich jetzt besser. Sympathisch ist er mir nicht geworden. Er konnte ein rechter Kotzbrocken sein.

Karl Marx musste viel leiden. Einen großen Teil seines Leidens hat er selbst verschuldet. Er war gescheit, eine Geisteskoryphäe, aber seine Prioriäten waren selten die richtigen. Seine Empathiefähigkeit hatte enge Grenzen.

Fazit: Verständliche, teilweise zu weitschweifige Biographie, deren erster Teil mich sehr begeisterte. Leider ließ die Begeisterung allmählich nach.

Kategorie: Biographie.
Verlag: Bertelsmann, 2017

Kommentare

Emswashed kommentierte am 13. September 2018 um 08:54

Ich mag Neffes Biografien auch sehr gern, wobei Marx mir noch fehlt. Leider müssen Autoren immer wieder beweisen, dass sie die Quellen kennen und müssen auch "sichtbar" zitieren, denn es gibt genug "penible" Leser, die solche Schwachpunkte suchen und dann ein ganzes Buch "zerreißen" ohne auf den eigentlichen Inhalt einzugehen. Leider, leider!

wandagreen kommentierte am 13. September 2018 um 09:12

Am Anfang, wenn er Das Kapital oder Das Manifest zitiert, war das ganz sinnvoll, da konnte ich sehen, wie Marx schreibt (grauenhaft!) - aber hintenraus hätte er nicht jedes Fitzelchen Brief unterbreiten müssen, das kann Neffe in seinen eigenen Worten viel besser sagen. Der Marx hat wohl stets in so ner Mischung von Polemik und Wissenschaft geschrieben, unerträglich (für mich) zu lesen.