Rezension

Zuckmayers Paradies

Carl Zuckmayer in Henndorf - Bernd Erhard Fischer, Angelika Fischer

Carl Zuckmayer in Henndorf
von Bernd Erhard Fischer Angelika Fischer

Bewertet mit 5 Sternen

Ein kleines, feines Bändchen aus der Reihe „ Menschen und Orte“, erschienen bei der Edition A.B. Fischer, Berlin. Hier werden KünstlerInnen an ihren Lieblingsorten in Text und Fotografien vorgestellt. Näher kennenlernen kann man u.a. Franz Liszt in Weimar, Bert Brecht & Helene Weigel in Buckow; Hermann Hesse in Montagnola oder Edvard Munch in Warnemünde.

Nun aber Carl Zuckmayer in Henndorf. Henndorf liegt am Wallersee, in Oberösterreich, rd. 17 Km von Salzburg entfernt. Eine hügelige Voralpenlandschaft, beruhigend, entschleunigend. Dort erwirbt Carl Zuckmayer, geboren 1896 im rheinhessischen Nackenheim, durch Vermittlung eines Freundes, die Wiesmühl, gebaut im 16. Jahrhundert als Getreidemühle. Das Büchlein beginnt im Jahre 1938, als Zuckmayer vor den Nazis aus Österreich flieht. Erst nach dem 2. Weltkrieg sollte er wieder sein geliebtes Refugium am Wallersee sehen. Doch in den Jahren, in denen er in der Wiesmühl lebte, entstand dort ein Ort literarischen Schaffens und Lebens. Stefan Zweig, der im nahen Salzburg wohnte; Franz Werfel, Ödon von Horvath, Max Reinhardt, Emil Jannings, Werner Krauss und viele mehr. An letzerem wird auch die Ambivalenz des aufziehenden Dritten Reiches deutlich. Krauss, ein überzeugter Nationalsozialist und Antisemit, suchte oftmals den Juden Zuckmayer auf, um mit diesem in den Wäldern „ Indianer“ zu spielen.

Beim Lesen des biografischen Textes wird die Verflechtung zwischen Biografie und literarischem Schaffen deutlich. Und wie eins das andere bedingt. Ganz deutlich wird das auch in seinen Erinnerungen „ Als wär's ein Stück von mir“ . Darin beschreibt er die Wiesmühl, Henndorf, den Wallersee, überhaupt die Zeit dort, als „ sein  Paradies“.

Zuckmayer lebte mit seiner Frau zunächst in dem, der Wiesmühl nahegelegenen, Gasthaus „ Caspar -Moser-Bräu“. Dieses existiert noch heute und man kann in der Wirtsstube noch an dem Tisch sitzen, an dem Zuckmayer mit seinen Freunden und seiner Familie tafelte. Die Wiesmühl kann allerdings nur im Rahmen von Veranstaltungen ( Lesungen, Diskussionen ), die die jetzigen Besitzer anbieten, besichtigt werden.

Das Bändchen beschreibt sehr detailreich die Jahre, die Zuckmayer mit seiner Familie in Henndorf verbrachte. Doch auch die Zeit davor und danach werden erwähnt. Sehr viele Schwarz-Weiß Fotos umrahmen das Ganze, darunter auch ein Foto, das den damals etwa 10 Jahre alten Thomas Bernhard zeigt.