Rezension

101 Bewohner

Das Dorf -

Das Dorf
von Ben Kohler

Bewertet mit 4 Sternen

In Sneem, einem kleinen Dörfchen versteckt in Irland, hat exakt 101 Bewohner. Grund hierfür ist eine alte Legende, an die die Bewohner glauben, die besagt dass jedes Dorf nur 101 Bewohner haben darf. Mit einer schrecklichen Konsequenz: Wird ein Kind geboren, muss jemand sterben. Dabei handelt es sich stets um den Dorfältesten, der durch die Hand seines eigenen Sohnes gerichtet wird.

Als die Geburt von Marias Kind kurz bevorsteht, ist es für Liam an der Zeit, seinen Vater hinzurichten – eine Aufgabe, der er sich nicht gewachsen fühlt. Und noch schlimmer wird es, als sein Vater Kian ihm ein dunkles Geheimnis anvertraut und ihn um einen letzten Gefallen bittet …

Zunächst hat mich vor allem die Grundidee begeistert. Mysteriös und grausam. Rituale bei denen die Dorfältesten hingerichtet werden, sind in Film und Literatur keine neue Idee (ich musste beispielsweise sofort an Midsommar denken), dass es nur 101 Dorfbewohner geben darf und ausgerechnet der Sohn den Vater hinrichten muss, ist allerdings eine tolle Erweiterung dieser Grundidee, die einiges an Konfliktpotenzial bietet.

Vorweg sei gesagt, das das Buch sehr kurz ist – und einem durch den flüssigen Schreibstil, der es einem ermöglich förmlich durch die Seiten zu fliegen, noch kürzer erscheint. Dadurch kann sich die Geschichte leider nicht ganz so entfalten, wie ich es mir erhofft hatte. Angesichts des Settings wäre da etwas mehr drin gewesen. Was dem Lese-Spaß allerdings keinen Abbruch tut. Insbesondere über die Lebensweise der Dorfbewohner hätte ich gerne mehr erfahren – sie leben fernab der Zivilisation, wissen aber durchaus, dass diese existiert – und auch der innere Konflikt Liams hätte noch weiter ausgearbeitet werden können.

Abgesehen davon ist die Handlung jedoch spannend und hält einige interessante Wendungen bereit – auf diese will ich hier aber nicht näher eingehen. Die Figuren können zwar aufgrund der Kürze nicht so detailliert ausgestaltet sein, wie in einem längeren Buch, dennoch werden sie ausreichend charakterisiert, um sie voneinander unterscheiden können und sie mit ihren Macken kennenlernen zu können.

Insgesamt ist „Das Dorf“ ein interessanter Kurzthriller, der geschickt Mystery-Elemente einbindet und sich damit von vielen anderen Büchern des Genres unterscheidet. Für mich eine angenehme Abwechslung. Und vor allem ist das Buch gut „zwischendurch“ lesbar. Wem das Setting zusagt, sollte diesem Buch definitiv eine Chance geben. Ich bin jedenfalls gespannt, wie es womöglich mit dem Dorf und seinen Bewohnern weitergeht.