Rezension

80er-Jahre Sommerlagerfeeling

Vier Frauen und ein See -

Vier Frauen und ein See
von Viola Shipman

Bewertet mit 4 Sternen

80er-Jahre-Sommerlagerfeeling - nicht immer nimmt man Positives aus den Ferienlagern mit. Das müssen auch die Clover Girls erfahren, die sich als Freundinnen zwar in so einem Sommercamp kennengelernt, sich dann aber untereinander auch aufs Tiefste verletzt haben. 

Der Einstieg in den Roman gelang mir nicht so gut. "Vier Frauen und ein See" fesselte mich zu wenig, so dass ich über eine Woche an dem Buch gelesen habe. Mich konnte das Thema aktuell gerade nicht wirklich abholen. Es lag aber nicht am Schreibstil, sondern wirklich beim Thema. Denn Shipman schreibt bekanntlich sehr gut, das ist hier nicht anders. Doch für mich war die Lektüre dieses eher ruhigen Romans der falsche Zeitpunkt zum Lesen. 

Abwechselnd wird erzählt, wie drei Frauen Briefe bekommen - von einer Freundin aus der Vergangenheit. Die Briefe treffen die Frauen im Innersten, denn gefühlt wurde jede von den anderen enttäuscht. Die Absenderin, Emily, bittet ihre drei Freundinnen ins Camp Birchwood zu kommen, dahin, wo sie in ihrer Kindheit viel Zeit gemeinsam verbracht haben. Sie waren ein Kleeblatt, Freundinnen - doch sie haben sich gegenseitig alle öfters enttäuscht und verletzt.  

Nie haben sie darüber gesprochen, obwohl es bitter nötig gewesen wäre, die Verletzungen sitzen tief. Stattdessen hatten nur zwei untereinander noch gelegentlich Kontakt. Bis der Brief von Em kam. Nun steht sich das mittlerweile nur noch dreiblättrige Kleeblatt im Camp gegenüber: Liz, V und Rachel, alle drei äusserst misstrauisch, doch Em zuliebe ziehen sie es durch. Erstmal nur für eine Nacht.

Das Buch ist in zehn Teile aufgeteilt, jeder davon überschrieben mit einem für das Camp typische Ereignis, sei es ein Mottoabend, ein Spiel, eine Übung oder eine andere Tätigkeit. Zuerst wird erzählt, was damals in den 80ern im Camp bei so einem Ereignis ablief, dann folgt die Gegenwart, in der sich die drei Frauen mit diesem Ereignis auseinandersetzen müssen. Dabei kommen viele Fragen auf. Nach den Gründen, wieso damals etwas genau so passierte, wieso sich jemand so und nicht anders verhielt und was das mit der einen oder mit allen Freundinnen machte. Diese Aufarbeitung der Clover-Girls fand ich eigentlich sehr gut und authentisch erzählt, für mich war das dieses Mal aber einen Ticken zu nachdenklich. 

Viola Shipman schreibt gewohnt sehr gefühlvoll und gräbt ganz tief an den Emotionen und manchmal trifft man dabei an eine Frage, die man sich selber vielleicht auch schon gestellt hat, zum Beispiel, wieso ehemalige Freunde politisch plötzlich das Lager aufs Extremste wechseln.

Doch insgeheim dachte ich mir bei einigen Dingen auch, wieso die sich die Girls damals noch immer als Freundinnen bezeichnet haben - da waren einige sehr extreme Dinge, die man am besten gleich anspricht oder dann wirklich getrennte Wege geht. Das ist somit auch mein Kritikpunkt an der Umsetzung des Plots. 

Am liebsten mochte ich Liz. Ich hoffte so sehr, dass in der Gegenwart etwas passiert und freute mich, dass Shipman mich nicht enttäuschte. Toll fand ich auch den Bericht, in dem Em schreibt, dass sie mit ihrem Leben voll und ganz zufrieden war - es muss nicht immer die grosse weite Welt oder das viele Geld sei, man kann auch mit wenig absolut glücklich sein.

Fazit: Ein sehr nachdenklicher und ruhiger Roman - für mich war es der falsche Lese-Zeitpunkt, aber Shipman hat die Idee gut umgesetzt. 
4 Punkte.