Rezension

Abenteuer in der Provinz

Kleine Kassa - Martin Lechner

Kleine Kassa
von Martin Lechner

Bewertet mit 4 Sternen

Der 17jährige Georg ist Lehrling in der Eisenwarenhandlung von Herrn Spick. In dessen Auftrag überbringt er einem Herrn Kraus regelmäßig einen Geldkoffer mit ihm vermuteten Schwarzgeld zur Verwahrung. Während einer solchen Botentour im Bus glaubt Georg, auf einem Plakat an einer Haltestelle seine Jugendliebe Marlies zu erkennen. Mit dem Koffer springt er aus dem Bus. Nun wohl als Dieb bezichtigt zu werden, lässt ihn die Flucht ergreifen. Er erlebt eine zweitägige Odyssee mit alptraumhaften Abenteuern in seiner Heimat, dem Heidekreis.

 

Das Buch ist der Debütroman des Autors und steht auf der Longlist des Deutschen Buchpreises 2014. Es hebt sich von 0815-Romanen deutlich ab. Allein schon der Schreibstil ist genauso skurril und absurd  wie der Protagonist und seine Abenteuer. Die Geschichte wird temporeich erzählt. Lange, verschachtelte Satzgefüge sind die Regel. Es ist durchaus keine Seltenheit, dass sich ein einziger Satz über eine ganze Seite erstreckt. Das passt gut zur Person Georgs, dessen Leben ebenso rasant urplötzlich aus den Fugen gerät. Er fasziniert den Leser und stellt diesen vor das Rätsel, ob er wirklich nur ein unbedachter Lehrling ist, der tatsächlich verfolgt wird, oder ob er nicht etwa paranoid ist und einem Wahn unterliegt. Geheimnisumwoben bleibt letztlich auch der Koffer, dessen Inhalt nie wirklich bekannt wird. Gefallen hat mir die Liebe des Autors zum Detail, wie sie etwa erkennbar ist, wenn er in die Welt des Eisenwarenhandels einführt. Ganz nebenbei ist z.B. von der Existenz zahlreicher unterschiedlicher Messer, Äxten oder Nägeln zu erfahren.

 

Mir zeigt der Roman einmal mehr, dass es lohnt, gute Bücher außerhalb der Bestsellerlisten und großen Verlage zu suchen.