Rezension

Adams Erbe

Adams Erbe - Astrid Rosenfeld

Adams Erbe
von Astrid Rosenfeld

Bewertet mit 4.5 Sternen

Edward kennt seinen Vater nicht. Er war nur eine kurze skandinavische Bekanntschaft seiner Mutter. Das scheint ihm erst einmal nicht viel auszumachen, haben die Gene seines Vaters augenscheinlich nicht viel ausrichten können. Denn Edward gleicht seinem Großonkel Adam aufs Haar. Nicht nur das Aussehen, auch den Charakter, die Art scheint er von diesem Ahnen vererbt bekommen zu haben. Keine unumstrittene Figur, dieser Adam, denn er ist zu Zeiten des Nationalsozialismus auf unerklärliche Weise verschwunden und mit ihm ein Großteil des für die Flucht der jüdischen Familie vorgesehenen Vermögens. Edward lebt mit diesem nicht ganz leichten Erbe und seiner dominanten, schwierigen Großmutter Lara Cohen, dem lebensuntüchtigen Großvater Moses und der unscheinbaren, zurückhaltenden Mutter Magda bis der Amerikaner Jack Moss in ihr Leben tritt und dieser zumindest für eine Zeit zum leuchten bringt. Wir begegnen Edward im ersten Teil des Buches, die Großmutter ist verstorben und Edward, nach erfolglosem Studium mit einer Art Sorgenpüppchen für die Gothic-Szene groß rausgekommen, hat erstmals freien Zutritt zu den Hinterlassenschaften seines Großvaters Moses. Dort entdeckt er ein Manuskript seines verschollenen Großonkels Adam, adressiert an eine Anna, bei dieser aber anscheinend nie angekommen. Der zweite Teil des Romans erzählt nun Adams Geschichte, vorwiegend aus der Zeit des dritten Reichs, gerichtet an Anna, seine große Liebe.
Astrid Rosenfeld gelingt es in ihrem Roman auf wunderbare Weise, diese Geschichte, die voll Tragik und auch Grausamkeit ist, mit erzählerischer Leichtigkeit, lebendig und unterhaltsam zu erzählen, ohne dem Stoff die Härte und Ernsthaftigkeit zu nehmen. Die Grausamkeiten kommen in kleinen Dosen, sind deshalb aber nicht minder bewegend. Stets schwingt ein - manchmal recht schwarzer - Humor mit. Szenische Höhepunkte folgen einander rasch, manche Pointe wird eingebaut. Der Autorin gelingt es zudem, ganz wunderbare, oftmals leicht skurrile Charaktere zu entwickeln. Auch in der Dialogentwicklung ist sie eine Meisterin. Adam und Edward spiegeln sich dabei immer ineinander, sie gleichen sich nicht nur äußerlich, auch ihre Familiensituation ähnelt sich frappant: unscheinbare Mutter, nahezu nicht existente Väter, dominante Großmütter, unerfüllte große Lieben. Daneben tauchen noch eine große Anzahl ebenso beeindruckender Charaktere auf. Astrid Rosenberger manövriert unbefangen und kühn durch diese große Stofffülle und das heikle Sujet der Fiktionalisierung des Holocausts, zumal durch eine sogenannte "Spätgeborene". Ich finde, ihr ist das ganz großartig gelungen. Sicher ist die Geschichte nicht ganz gefeit vor so manchem Klischee, manche Wendung erscheint oft etwas zu konstruiert oder psychologisch schwer nachvollziehbar. Dennoch ist "Adams Erbe" ein zutiefst bewegender, tragikomischer und nicht zuletzt spannend zu lesender Roman.