Rezension

Afghanistan und die Hybris der Gutmenschen

Das ferne Feuer -

Das ferne Feuer
von Amy Waldman

Bewertet mit 5 Sternen

Ein Buch, das mich sehr nachdenklich gemacht hat. Waldman schreibt über den Einsatz der Amerikaner in Afghanistan - und das auf sehr differenzierte Weise. War mir am Anfang die Sprache eine Spur zu schlicht, hat mich das zum Ende hin überhaupt nicht mehr gestört, denn inhaltlich packt Waldman einen und lässt nicht mehr los.

Parvin Schams, Amerikanerin mit afghanischen Wurzeln, fällt auf einen amerikanischen Bestsellerautor herein und macht völlig naiv sein Projekt - eine Klinik für Frauen in einem afghanischen Dorf - zu ihrem. Sie reist nach Afghanistan, um dort medizin-anthropologische Forschung zu betreiben. Bald kommt ihr jedoch jede wissenschaftliche Objektivität abhanden - und auch so ziemlich alle Illusionen. Denn das Dorf, in dem die Klinik steht und seine "einfachen" Bewohner sind sehr viel vielschichtiger als erwartet und der vorgeblich wahre Ereignisse schildernde Bestseller basiert, wie sich herausstellt, auf Erfindung, wenn nicht platter Lüge, und Selbstbetrug.

Es geht um die Unmöglichkeit, einen Krieg zu gewinnen. Und es geht um die Ausbeutung einer fremden Kultur, unter dem Vorwand, "helfen" zu wollen. All die Helfer, die sich im Grunde nur selbst helfen wollen - aus ihrem langweiligen, bedeutungslosen Leben heraus, zu einem besseren Selbstbild, zu einem Bestseller-Roman, zu militärischer oder politischer Karriere.

Das zentrale Zitat des Romans lautet (grob, ich finde die Stelle nicht mehr): Misstraue weißen Männern, die braune Frauen vor braunen Männern retten wollen.

Am Ende hat Waldmans Protagonistin viel Selbsterkenntnis und eine Menge unbequemer Einsichten gewonnen. Horizonterweiternd!