Rezension

Alles richtig gemacht!

Der zweite Reiter - Alex Beer

Der zweite Reiter
von Alex Beer

„Der erste Reiter hat die Tyrannei gebracht, der zweite den Krieg…“, und mit den schrecklichen Nachwirkungen haben die Menschen in Wien auch 1919 noch immer zu kämpfen. Zum einen ist da der allgegenwärtige Mangel, bereits die einfachsten Dinge fehlen. Ob das nun Nahrungsmittel oder Medikamente sind, vieles ist, wenn überhaupt, nur noch auf dem Schwarzmarkt erhältlich und sichert den Schleichhändlern fette Profite. Zum anderen sind da die Überlebenden, von denen die meisten auf den Feldern Galiziens gekämpft haben. Sie konnten zwar ihr Leben retten, haben aber doch Verletzungen davongetragen, mit denen sie noch immer kämpfen – ganz gleich, ob diese physischer oder psychischer Natur sind.

So auch August Emmerich, Rayonsinspektor im 22. Bezirk, Kriegsversehrter mit einem Granatsplitter im Bein, der gemeinsam mit seinem Assistenten Winter hinter einem Schleichhändler her ist und im Laufe seiner Ermittlungen buchstäblich über die Leiche eines vermeintlichen Selbstmörders stolpert. Aber Emmerich ist misstrauisch, und die genauere Untersuchung des Toten bestätigt seine Vermutung. Obwohl nicht offiziell mit dem Fall betraut, stellt er Nachforschungen an, böte sich ihm doch im Erfolgsfall eventuell die Möglichkeit, in die Abteilung „Leib und Leben“ (= Mordkommission) zu wechseln.

Und es bleibt nicht bei diesem einen Mordfall, aber es stellt sich die Frage nach den Zusammenhängen. Wo ist die Verbindung zwischen den verschiedenen Opfern? Zufall, oder kannten sie sich? Bis diese Frage geklärt ist, soll es noch eine Weile dauern, aber schließlich führt ein zufälliger Fund die beiden Ermittler auf die richtige Spur.

„Der zweite Reiter“ ist der erste historische Kriminalroman der Österreicherin Daniela Larcher, die hier unter dem Pseudonym Alex Beer schreibt. Lesern von Regionalkrimis ist die Autorin wahrscheinlich durch ihre Reihe mit Inspektor Morell bekannt, ich hatte bisher noch nichts von ihr gelesen und bin nun doch angenehm überrascht. Offenbar hat sie im Vorfeld sehr gut recherchiert, gelingt es ihr doch, beeindruckende Bilder des Lebens in der österreichischen Metropole nach dem Ersten Weltkrieg stimmig in diesen Kriminalroman einzuarbeiten. Die Atmosphäre passt, die Ereignisse aus dem persönlichen Umfeld des Inspektors sind stimmig, und auch das Drumherum wirkt glaubhaft und nicht aufgesetzt.

August Emmerich ist kein Superman, der alle Probleme mit links löst. Und auch wenn er bei seiner Arbeit einige Rückschläge einstecken muss, ist es eine andere Baustelle, die ihm weitaus größere Kopfschmerzen bereitet, da sein Privatleben von heute auf morgen durch die unerwartete Rückkehr des totgeglaubten Mannes seiner Lebensgefährtin komplett auf den Kopf gestellt wird. Dieser Handlungsstrang ist eigentlich prädestiniert dazu, in Sentimentalitäten abzugleiten, aber selbst diese Klippe umschifft die Autorin gekonnt.

Von daher hat Alex Beer alles richtig gemacht. Und wir dürfen uns freuen: der zweite Band mit August Emmerich ist offenbar bereits fertiggestellt, Teil drei in Arbeit. Ich freue mich darauf!