Rezension

Als ob die Pubertät alleine nicht schon reichen würde...

1000 gute Gründe -

1000 gute Gründe
von Lucy Astner

Bewertet mit 4.5 Sternen

Selbstzweifel, Mobbing, Trauer - harte Themen für ein Kinderbuch. Aber einfühlsam und authentisch geschildert, ein Mutmachbuch für Mädchen!

Milou liebt Oma Anni über alles! Sie ist nicht nur der wichtigste Mensch in ihrem Leben, sondern sie backt ihr auch für jeden Tag einen Glückskeks. Ein Keks mit einer ganz persönlichen Botschaft, die Milou hilft, den tristen Alltag zu überstehen. Als ihre geliebte Oma überraschend stirbt, bricht für Milou eine Welt zusammen. Doch während sie sich immer mehr abzukapseln droht, passiert plötzlich etwas Unvorstellbares: Ein Glückskeks landet auf ihrer Fußmatte – und es bleibt nicht der einzige! Milou kann es kaum glauben. Ist es etwa möglich, dass Oma Anni ihr Botschaften aus dem Jenseits schickt? Glückskeks für Glückskeks führen Annis Zettelchen Milou zurück ins Leben. Und sie stellt fest, dass es 1000 gute Gründe gibt, um Glücksmomente zu sammeln… (Verlagsbeschreibung)

Vor einem Jahr musste Milou mit ihren Eltern umziehen, da ihre Mutter sich beruflich veränderte. Seitdem ist alles doof. Naja, nicht alles, immerhin wohnt nun Oma Anni direkt neben ihnen. Aber sonst? In der Schule wird die 12Jährige gemobbt, sie fühlt sich in ihrem eigenen Körper nicht mehr wohl, hat keine Freunde und fühlt sich von ihren Eltern gar nicht mehr wahrgenommen. Wie viele Kinder, die in die Pubertät kommen, fühlt sie sich verloren und oft fehl am Platz. Der einzige Lichtblick ist ihre Oma Anni, die immer für sie da ist, die ihr zuhört, die jeden Tag für sie kocht und backt und die ihr stets Mut zuspricht. Um ihr die Schule erträglicher zu machen, backt Oma Anni ihrer Enkelin Glückskekse, von denen sie ihr jeden Tag einen in die Brotbox packt - inklusive aufmunternder und bestärkender Sprüche, die Milou oft ein Lächeln entlocken.

Unerwartet stirbt Oma Anni jedoch, und für Milou bricht eine Welt zusammen. Ihr einziger Halt ist nun weg, nichts kann sie mehr aus ihrem Schneckenhaus hervorlocken oder ihr Trost spenden. Sie schließt sich in ihrem Zimmer ein und weigert sich herauszukommen, geschweige denn zur Schule zu gehen. Doch als plötzlich ein Glückskeks auf der Fußmatte liegt, traut Milou ihren Augen nicht. Er riecht ganz genauso wie die Glückskekse von Oma Anni! Und auf dem Zettel darin - erkennt Milou Oma Annis Handschrift. Das kann doch nicht sein?! Milou wird neugierig und folgt den Anweisungen, die auf dem Zettel stehen. Und eine besondere Reise zurück ins Leben beginnt...

Milou ist eine Figur, die für viele schüchterne und sehr sensible Mädchen ausreichend Identifikationspotenzial bieten dürfte. Das beginnt schon mit den zahlreichen negativen Gedanken und Gefühlen, die sich mit Beginn der Pubertät einstellen, und die sicher viele Mädchen nachvollziehen können. Hinzu kommt die Hilflosigkeit Milous, als sie in der Schule gemobbt wird. Sie versteckt sich, wäre am liebsten unsichtbar und sieht keine Lösung für ihr Problem. Selbst Oma Anni kann ihr da nicht helfen. Und zu allem Überfluss stirbt noch Milous vertrautetste Person, der Mensch, der sie bedingungslos annahm, bei dem sie sich ganz fühle. Der darauf folgende Gefühlssturm und die Schockstarre - beides schildert die Autorin sehr authentisch und einfühlsam. Da ist nicht nur Trauer im Spiel, sondern auch viel Wut, Müdigkeit, Verzweiflung und Einsamkeit, die sich alle Bahn brechen. Gerade diese Gefühlspalette fand ich sehr passend geschildert.

Durch das Geheimnis um die Glückskekse, die Milou auch nach dem Tod von Oma Anni noch erreichen, kommt zudem noch ein wenig Spannung in die Erzählung. Milou weiß jedenfalls nicht, was sie glauben soll. Stecken ihre Eltern dahinter? Schickt Oma Anni ihr tatsächlich auch nach ihrem Tod noch tröstliche Botschaften? Oder will sie da jemand veräppeln? Die 12Jährige versucht, dem Geheimnis auf die Spur zu kommen - und entdeckt, dass Oma Anni nicht übertrieben hat, als sie ihr sagte, dass es 1000 gute Gründe gebe, um sich dem Leben zuzuwenden und Glücksmomente zu sammeln...

Der Zielgruppe entsprechend (Altersempfehlung des Verlags: 11-14 Jahre) ist der Schreibstil einfach gehalten und lässt sich flüssig lesen. Ich konnte gut eintauchen in die Geschichte und vieles nachempfinden, was Milou so beschäftigt. Das ist zeitweise durchaus berührend, aber nicht niederdrückend. Es gibt auch hoffnungsvolle Szenen und auch Stellen, an denen es sich schmunzeln lässt. Und die Glückskekse sorgen eben auch für Spannung, was die Gefühlslage auf angenehme Weise immer wieder entspannt. 

Aus Erwachsenensicht gab es mir hier ein wenig zu viel an Zufällen, die die Geschichte entscheidend beeinflussten. Aber ich vermute, dass die eigentliche Zielgruppe dies als weniger störend empfindet. 

Selbstzweifel, Mobbing, Trauer - harte Themen für ein Kinderbuch. Aber die Erzählung ist einfühlsam und authentisch geschildert, und somit ist dies ein emfpehlenswertes Mutmachbuch für Mädchen! 

 

© Parden