Rezension

Als wenn man eine toxische Beziehung zu einem Buch führen würde

Every Beat of My Heart -

Every Beat of My Heart
von Sabrina Weger

Bewertet mit 2 Sternen

Die Bewertung und auch diese Rezension für „Every Beat of My Heart“ fällt mir wirklich sehr schwer. Sonst kann ich eigentlich sehr leicht beurteilen, ob mir ein Buch gefallen hat oder nicht. Manchmal muss ich vielleicht meine Eindrücke ein bisschen sacken lassen, aber schlussendlich weiß ich eigentlich immer, ob mir ein Buch gefallen hat oder nicht. Bei diesem Buch fällt mir dies so schwer, weil es mich zum einen wirklich gefesselt hat und ich echt gerne weiterlesen wollte, auf der anderen Seite hat es mich auch in dem Strudel der Gefühle runtergezogen. Eigentlich bin ich nicht übermäßig empathisch, aber dieses Buch hat mich mitgenommen.

Die Hauptperson Lilja und ihr bester Freund sowie gleichzeitig Bandkollege Mika kennen sich von Kinderbeinen an und sind gemeinsam durch dick und dünn gegangen. Als sie emotional an einem Abgrundstanden waren sie füreinander da und haben sich durch die dunkelsten Stunden geholfen. Sie haben ein Band zueinander, das nur wenige Menschen haben. Lilja weiß, dass sie Mika liebt, aber er ist ein Frauenheld und verletzt sie immer wieder damit, dass er auch die Nähe von anderen Frauen sucht. Da sie nicht in einer Beziehung sind, ist es eigentlich in Ordnung, dennoch verletzt Lilja dieses Verhalten. Beide können nicht ohne den anderen, aber scheinbar, ist Lilja Mika auch nicht genug. Für den Leser wird schnell klar, dass dies eine ungesunde Beziehung ist und nach wenigen Kapitel wird auch deutlich, dass selbst Lilja weiß, dass sie sich in einer toxischen Beziehung befindet. Die Erkenntnis allein reicht allerdings nicht, um diese Beziehung zu beenden.

Für mich als Leserin stand eigentlich die ganze Zeit die Beziehung, sofern man es so nennen kann, von Lilja und Mika in dem Vordergrund. Mit dem Auf und Ab der beiden fällt auch immer wieder die Stimmung in dem Buch. An vielen Stellen ist es wirklich düster und das Spannungsgefüge ist nahezu greifbar. Es fühlt sich an wie ein Kartenhaus, was jeden Moment zusammenbrechen kann oder ein Feuerwerkskörper, der gleich explodiert. In deren Beziehung habe ich häufig darauf gewartet, dass sie eskaliert oder einer die Reißleine zieht. Diese andauernde Spannung und die viele negative Energie sind an mir nicht spurlos vorbei gegangen. Ich bin nicht unbedingt die mitfühlendste Person, aber das hat mich nicht kalt gelassen. Ich wollte wissen, wie es weitergeht, aber gleichzeitig habe ich mir beim Lesen auch nicht gut gefühlt. Es mag sein, dass die Autorin hier wirklich genial ist, dass sie dem Leser perfekt vermittelt, wie sich eine toxische Beziehung anfühlt, dass der Leser eine solche Beziehung zu dem Roman eingeht. Seit langem hatte ich hier den Eindruck, dass die Triggerwarnung zu Beginn des Buches wirklich ernst genommen werden sollte. Wer eher zart besaitet oder sehr empathisch ist, sollte sich gut überlegen, ob er dieses Buch lesen sollte.

Ansonsten ist der Roman wirklich gut geschrieben. Ich konnte mir außerordentlich gut vorstellen, wie das Leben in einer Band und vor allem auch auf einer Tournee ist. Die einzelnen Charaktere kommen gut zur Geltung und es gibt eine schlüssige Charakterentwicklung. Im Großen und Ganzen gibt es nicht so viel Handlung, da das Buch vor allem durch die Emotionen lebt. Ich habe den Eindruck, dass dies eine überragende Autorin ist, aber leider habe ich mich beim Lesen dieses Buches fast nur schlecht gefühlt. Wenn die Autorin noch einmal ein vielleicht etwas positiveres Buch schreibt, dann gebe ich ihr sehr gerne noch eine weitere Chance. Schreiben und Emotionen erzeugen kann sie in jedem Fall.