Rezension

Alternativen zu den Tech-Giganten für ein besseres, faireres und freieres Internet

Der Kampf um das Internet -

Der Kampf um das Internet
von Stefan Mey

Bewertet mit 4.5 Sternen

Alternativen zu den Tech-Giganten für ein besseres, faireres und freieres Internet

Als ich von diesem Buch erfuhr, wurde ich gleich hellhörig. Denn erst im Mai hatte ich mit großem Interesse Darknet von Stefan Mey gelesen und war nun gespannt auf das neuste Werk des investigativen IT-Journalisten. Er hat sich von Anfang an für die Frage von Macht und Gegenmacht im Internet interessiert und kennt nicht nur die großen IT-Konzerne sondern neben den bekannten auch viele nicht so bekannte Projekte der digitalen Gegenwelt von innen.

Und genau das gefällt mir an dem Buch auch besonders gut. Viele der Projekte sind mir, als technisch interessiertem Menschen (aber dennoch IT-Laien) ein Begriff, manche habe ich selbst einmal ausprobiert, mich von dem ein oder anderen wieder verabschiedet, anderes hat sich jedoch auch auf meinem Rechner als feste und liebgewonnene Größe etabliert. Gern habe ich in diesem Buch hinter die Kulissen geschaut und mehr über die von mir genutzten Dienste und Programme erfahren und sie dabei tatsächlich auch gleich noch ein wenig mehr schätzen gelernt. Denn die Projekte legen transparent ihre Arbeitsweise offen und glänzen meist durch Datensparsamkeit, das heißt man muss sie weder mit Daten noch mit Geld bezahlen (auch wenn Spenden natürlich gern gesehen sind).

Einige Projekte gibt es schon seit Jahrzehnten, andere sind erst in den letzten Jahren hinzugekommen. Stefan Mey definiert und schaut genauer hin, um zu zeigen, wie sich die Projekte sozial organisieren und was die nicht kommerziellen Projekte zusammenhält, an denen Menschen größtenteils in ihrer Freizeit mitwirken. Aber es ist auch interessant zu erfahren, wie sich die digitale Gegenwelt finanziert – denn so ganz ohne Geld funktioniert es auch dort nicht. Ein Blick in die Geschichte verdeutlicht, wie eng die digitale Gegenwelt mit freien Lizenzen verknüpft ist und wie wichtig es ist, dass dort alles andere als eine Software-Hippie-Kultur herrscht. Schließlich geht es noch um den Umgang mit Daten, die für viele Menschen ein wichtiges Motiv sind um sich in dieser Softwarewelt zu orientieren und wo es hier an der ein oder anderen Stelle hakt.

Zwischen die Kapitel sind Porträts der zehn wichtigsten Projekte gestreut: Der Kurznachrichtendienst Mastodon, der Messenger Signal, der Browser Firefox, der Kartendienst OpenStreetMap, Wikipedia, Tor, Freifunk, Libre Office, die Betriebssystem-Familie Linux sowie der Versuch verschiedener Initiativen ein Google-freies Android-Betriebssystem bereitzustellen. Der Anhang enthält Interviews mit sechs Vertreterinnen und Vertretern der digitalen Gegenwelt, ein Glossar der wichtigsten Begriffe sowie 25 Portraits weiterer wichtiger Projekte. Einige dieser Projekte kannte ich noch nicht, aber sie haben mich neugierig genug gemacht, dass ich in der nächsten Zeit das ein oder andere zu recherchieren und vielleicht auch auszuprobieren habe – die beste Art ein interessantes Sachbuch zu beenden.