Rezension

Amüsant, erschreckend, autobiografisch: Von Erleuchtung und Verblendung

Roadtrip mit Guru - Timm Kruse

Roadtrip mit Guru
von Timm Kruse

Bewertet mit 5 Sternen

Er kam als NDR-Journalist und ging als Jünger in spe – angefüllt mit purer Faszination: Der gebürtige Westfale Timm Kruse besucht vor einigen Jahren ein Esoterik-Festival, auf dem er einem Guru begegnet, der nicht von dieser Welt zu sein scheint. Bald darauf lässt der Wahl-Kieler Lebensgefährtin, Familie sowie Job hinter sich und folgt dem Gottgleichen in dessen indischen Ashram. Yoga, der Genuss von Ingwertee, schweißtreibende Arbeiten auf dem Grundstück, allerhand interessante Mitbewohner und philosophische Gesprächsrunden füllen dort seine Tage aus. Nach kurzen Abstechern in die deutsche Heimat geht Timm Kruse mit dem Guru auf Tournee: Seine Weisheit versprüht der geheiligte Zottelbart sowohl quer über Europa als auch in Kanada und den USA. Doch in die anfängliche Ergebenheit der Anhänger mischen sich immer mehr Zweifel – völlig zu Recht, wie sich schließlich herausstellen soll…

In „Roadtrip mit Guru“ erzählt Timm Kruse von seinen Erfahrungen auf der Suche nach Erleuchtung und innerem Frieden. Was er dabei erlebt hat, ist amüsant und erschreckend zugleich. Mit lockerem Zungenschlag und viel Humor berichtet Timm Kruse von abstrusen Begebenheiten, unverwechselbaren Charakterköpfen und gewaltigen kulturellen Unterschieden. Außerdem wirft er mehr als nur einen flüchtigen Blick aus dem Augenwinkel auf das Elend in Indien.

Man kommt nicht umhin, schon nach den ersten Seiten eine enorme Sympathie für den Autor zu entwickeln. Sein Schreibstil ist so einnehmend und persönlich, dass man meinen könnte, Timm Kruse säße dem Leser bei einem Glas Rotwein zum gemütlichen Plausch gegenüber. Schon allein die Vielfalt der Bezeichnungen für seinen Meister („Der Gebenedeite“, „Der Heiland“) sorgt stets für ein Schmunzeln. Im Laufe seines äußerst kurzweiligen Buchs trifft Timm Kruse wirklich immer den richtigen Ton. Vollkommen mühelos und authentisch wechselt er von gelöster Heiterkeit hin zu bitterem Ernst.

„Roadtrip mit Guru“ ist eine ganz besondere und durchweg unterhaltsame autobiografische Erzählung über vermeintliche Erleuchtung und tatsächliche Verblendung, die mir noch lange in Erinnerung bleiben wird!