Rezension

Anders als erwartet

Jenseits des Weges
von Sonja Yoerg

Bewertet mit 3 Sternen

Auf der Suche nach einem „richtigeren“ Leben, auf der Flucht vor falschen Entscheidungen und um alte Wunden verheilen zu lassen, möchte die 29jährige Liz auf dem John-Muir-Trail wandern, einem spektakulären Bergpfad durch die kalifornischen Sierra-Berge. Wider Erwarten begleitet sie ihr Freund Dante, der ihr zu Beginn die erwarteten Probleme bereitet. Doch nicht nur Liz und Dante sind unterwegs, auch andere Wanderer begegnen ihnen. Zwei Brüder, ein Schauspieler und ein älteres Ehepaar. Doch die Berge halten nicht nur Einsamkeit, unangenehme Wahrheiten und Selbstfindung für Liz bereit, sondern auch Gefahren für ihr Leben.

Ich lese sehr gerne Wanderberichte, die mich in Gegenden führen, die ich wahrscheinlich niemals selbst bereisen werde, so hat mich auch „Jenseits des Weges“ angesprochen. Mit Begeisterung hatte ich schon „Der große Trip“ gelesen und habe etwas ähnliches in puncto Selbstfindung für Liz erwartet.
Doch ich wurde überrascht, denn trotz zahlreicher Rückblenden und Gedanken, die Liz aufgrund ihrer Entscheidungen quälen, war dieser Aspekt nicht der einzige Inhalt des Buches. Immer mehr nahm die spannende Handlung überhand, die mich zwar gut unterhielt, aber meine Erwartungen an das Buch nicht erfüllte. Jetzt wurde geschildert, wie sich die Wanderung in einen Horrortrip verwandelte.

Alles wirkte auf mich, als hätte die Autorin Sonja Yoerg versucht, möglichst viele Handlungselemente einzubringen, so dass von allem etwas dabei ist. Dabei geht aber leider die Tiefgründigkeit verloren. Manches wirkte konstruiert, um die Spannung lange aufrecht zu erhalten. Ich hatte den Eindruck, dass Liz Dante nur Dinge erzählt, wenn die äußeren Umstände (aus der spannenden Handlung) sie dazu trieben. Innere Einsicht konnte ich bei ihr nicht finden, doch trotzdem war am Ende alles in Butter und positiv. Dies halte ich allerdings Dante zugute und nicht Liz.

Die Beschreibungen der Landschaft waren okay, aber gespickt mit Namen und Ortsbezeichnungen, die mir nichts sagten. Ich habe eine Kartenskizze des JMT und der erwähnten Berge und Seen schmerzlich vermisst, weil ich den Weg der Wanderer auch gern visuell verfolgt hätte.

Zunächst war mir Protagonistin Liz sympathisch, im Laufe der Handlung verschoben sich meine Sympathien aber immer mehr zu ihrem Freund Dante, da ich mit Liz nicht warm wurde. Sie schwelgt gerne in Selbstmitleid und hat eine pessimistische Sicht auf viele Dinge, die sich im Nachhinein nicht bewahrheitet. Natürlich kann man ihren Charakter durch Erlebnisse ihrer Kindheit erklären, mir blieb sie dennoch fremd.

"Jenseits des Weges" ist als Thriller ganz passabel, als versprochenes Wander- und Selbstfindungs-Buch erfüllt es meine Erwartungen aber nicht.