Rezension

Anleitung zum Fitness-Wahn

Selfie mit Zuckerguss (New Adult, Chick Lit, Liebe) - Emma Simon

Selfie mit Zuckerguss (New Adult, Chick Lit, Liebe)
von Emma Simon

„Schönheitsideale ändern sich eben nicht so schnell, nur weil sich in den Sechzigern ein paar Mutige die Kleider vom Körper gerissen und allen ihre schönen und weniger schönen Seiten gezeigt haben. Sie ändern sich auch nicht, nur, weil ein paar beleibte Frauen mit Kurven Werbung für Körpermilch machen. Oder weil eine übergewichtige Popsängerin die Muse für einen Modedesigner wird.“
(Pos 237 von 735)

Und durch Bücher wie dieses wohl leider auch nicht… 

Louisa ist nicht perfekt. Sie hat Speckröllchen, liebt flauschige Hausschuhe und ihre gemütliche Couch. Ganz anders als die Instagram-Models, denen sie folgt. Als sie dann Johannes, den Traumtypen mit den blauen Augen, kennenlernt, fasst sie einen Plan: Weg mit der alten Louisa und her mit dem trainierten Beach-Body! Sie will endlich das perfekte Leben, von dem sie schon immer geträumt hat: Perfekter Body, perfekter Freund und perfektes Instagram-Feed! Louisa ist bereit, alles dafür zu geben, um endlich die beste Version ihrer selbst zu sein. Doch sie erkennt, dass die schöne Selfie-Welt nicht das ist, wofür sie sie gehalten hat ... Kann Louisa sich selbst lieben wie sie ist? Und was ist an einem unperfekten Ich eigentlich so verkehrt? 

So verspricht es uns die Inhaltsangabe, freche, lustige Chick-Lit mit einer wichtigen Botschaft. 
Leider kann das die Geschichte nicht halten… Beginnt das Buch noch rotzig frech mit der Bier trinkenden, feiernden Luisa, verschreibt sich diese bald darauf dem Fitnesswahn – und lässt uns über zwei Drittel des Buches teilhaben an Low-Carb, Low-Fat , dubiosen Drinks und exzessivem Muskelaufbau bei maximalem Ergebnis – und maximalem Verlust sämtlicher sozialer Kontakte. Mir persönlich war es zu wenig überzeichnet, um das Gefühl zu erwecken, satirisch gemeint zu sein.

Das Erweckungserlebnis für diesen Lifestyle ist so banal wie real, die Selbsterkenntnis „Kann Louisa sich selbst lieben wie sie ist?“ kam so schmal daher wie die Protagonistin am Ende des Buches. Auch das Thema Instagram wird nur am Rande gestreift.

Was bei mir hängen bleibt ist das ungute Gefühl, ein Werbeprospekt eines Fitnesscenters gelesen zu haben und nebenbei gleich eine gehöre Ess-Störung mitverkauft zu bekommen. Von einer netten Botschaft in Richtung Body-Positivity leider weit entfernt. 
Einige Ausflüge in die Vergangenheit lassen Louisas Leidensdruck erahnen und sorgen für ein wenig Gefühl, leider ein trauriges. 

Mich lässt das Buch verstört zurück, ich glaube zu wissen, was uns die Autorin sagen wollte, der Schuss ging aber gehörig nach hinten los. Die Hauptbotschaft scheint zu sein: Ohne Fitness geht gar nichts, je extremer umso besser. Belohnt wirst du mit dem Körper deines Lebens und einem Ruhepuls der nur knapp über dem Jan Ulrichs zu Spitzenzeiten liegt.
Positiv bleibt zu vermerken, dass sich das Buch locker dahinliest und für ein E-Book kaum Fehler enthält.