Rezension

Auch Hannah Ahrendt war nur ein Mensch

Was wir scheinen -

Was wir scheinen
von Hildegard E. Keller

Hannah Ahrendt war eine ganz besondere Frau. Journalistin, Philosophin, Schriftstellerin, Lyrikern, Professorin... Bei solchen Menschen mit so einem starken Intellekt vergesse ich manchmal, dass sie auch nur Menschen sind, bzw. waren.  Ahrendt kommt in dieser Romanbiografie sehr menschlich rüber. Sie hat auch einen Haushalt geführt, gekocht, raucht, liebt, trauert, genießt die Natur und ein weiches Frühstücksei. Da kann ich manchmal vergessen womit sie bekannt geworfen ist: ihrem Buch über den Eichmann-Prozess. Ein Buch, das seine besondere Brisanz nicht zuletzt dadurch bekam, dass auch Ahrendt Jüdin war und aus Deutschland geflohen ist. Zum Glück ist ihr das gelungen.

Der Roman von Hildegard E. Keller setzt in Ahrendts letztem Lebensjahr an, sie fährt in einen kleinen Ort in der Schweiz um dort Urlaub zu machen. Dabei reflektiert sie wie nebenbei immer wieder ihr Leben. Die geliebten und gehassten Menschen und vor allem die vielen Stationen, die sie geografisch und geistig durchlaufen hat.  Ihr letzter Urlaub im Tessin dient ihr als Ruhepunkt um sich erneut der schriftstellerischen Arbeit zu widmen. Für mich als Leserin bieten ihre Gedanken mir die Möglichkeit eine hochspannende und dramatische Lebensgeschichte nachzuverfolgen.
Zum einen erfuhr ich dadurch viel privates, aber auch bekannte Persönlichkeiten kreuzten ihren Weg. Der intellektuelle Austausch mit ihnen macht diesen Roman zu einer anspruchsvollen Leseaufgabe. Ich absolvierte immer wieder zwischendurch eine Internetrecherche um alles für mich in die richtige chronologische Reihenfolge zu bringen und auch bei einigen Personen nachzusehen, was sie vollbracht haben.

Ein interessantes Buch über eine höchst interessante Frau die als Mensch und Autorin bis heute ihre Spuren hinterlassen hat.