Rezension

Auf den Spuren Sigmund Freuds

Tabu - Casey Hill

Tabu
von Casey Hill

Bewertet mit 4 Sternen

Der Roman findet seinen etwas ungewöhnlichen Beginn in der Vergangenheit der Protagonistin Reilly Steel, um dann nahezu abrupt in die Gegenwart zu wechseln. Die Rückblenden, aus Reillys Sicht erzählt, findet man in Bruchstücken immer wieder, doch sie blieben fast bis zum Schluss undurchsichtig.
Dem Prolog folgt eine Einführung der Hauptprotagonistin. Es dauerte ein wenig, bis Reilly eine gute Plastizität erhielt. Sympathisch war sie mir allerdings von Anfang an.
In ihrer Berufswelt polarisiert sie stark, was u.a. an ihren ungewöhnlichen Ermittlungsmethoden liegt, doch sie zeigt ausreichend Stärke um damit umgehen zu können. Auch die anderen, handlungsrelevanten Teammitglieder, ob sympathisch oder unsympathisch, fand ich gut dargestellt. Sie sind nicht ganz klischeefrei, doch nach und nach entwickelte jeder Charakter etwas Eigenes, offenbarte auch kleine Geheimnisse oder unterzog sich einer Wesenswandlung, was ich persönlich sehr gut fand.
Einzig Reillys Vater und Schwester blieben sehr lange zu blass, wobei in Bezug auf die Schwester immer wieder mysteriöse Andeutungen gemacht wurden, die man erst nach und nach zu einem Gesamtbild zusammen setzen konnte.
Das Hauptaugenmerk des Romans liegt auf der Ermittlungstätigkeit. Der Leser darf alles hautnah miterleben, egal ob am Tatort oder bei der forensischen Aufarbeitung im Labor. Diese Abschnitte fand ich hochinteressant und packend. Die Zusammenführung der Fakten und Fälle waren hierbei glaubhaft und stimmig.
Faszinierend waren zudem die Freud´schen Theorien zum Thema „Tabu“. Sehr gut ausgeführt und geschickt eingebunden steigerten sie die Spannung und ließen den Leser mit raten, um welche Tabus es sich im weiteren Verlauf handeln konnte. Auch diesen Teil fand ich sehr gut nachvollziehbar.
Der sehr flüssige Schreibstil fesselte, die Spannung steigerte sich stetig, wozu auch einige unerwartete Wendungen beitrugen. Leider zeigte der Roman gegen Ende kleine Schwächen.
Zum einen war es etwas durchsichtig wer der Täter sein würde. Hier hätte ich es positiv gefunden, wenn man zumindest eine Tat aus der Opfer- oder Tätersicht miterlebt hätte. Ich brauche diese Sichtweisen zwar nicht zwingend, da sie oft recht psychologisch grausam sind, jedoch hätte es dem Buch nochmal einen weiteren Kick gegeben.
Hinzu kommt, dass sich die Beziehung zwischen Reilly und Chris zuerst gut entwickelt, dann allerdings mehr oder weniger ohne Abschluss im Sande verläuft. Ebenso verhält es sich mit Chris´ mysteriöser Krankheit. Auch diese Nebenhandlungen hätten meiner Meinung nach zu Ende geführt werden müssen.

Insgesamt gesehen ein sehr interessanter, in weiten Teilen packender Roman. Eine gute Mischung aus Krimi und Thriller und besonders für solche Leser zu empfehlen, die Einblicke in die Ermittlertätigkeit gewinnen und den Theorien Sigmund Freuds folgen möchten.