Rezension

Ausflug aufs Land

Farmmade -

Farmmade
von Stephanie Hasselbeck

Bewertet mit 4 Sternen

„Manchmal werden wir gefragt, wie unsere Rezepte entstehen. Unsere Antwort: größtenteils spontan nach der Ernte von dem, was gerade bei uns im Garten wächst.“

 – Elisabeth Grindmayer und Stephanie Haßelbeck, Farmmade

Man muss nicht immer in die Ferne schweifen: In Farmmade nehmen uns die Schwestern Lisa und Steffi (Autorinnen des Blogs Farmmade) mit in ihren Küchengarten und erzählen vom Landleben. Sie beschäftigen sich mit gesunder, nachhaltiger Ernährung, mit Regionalität und Saisonalität. Mit ihrem Buch laden sie jeden ein, sie ein Jahr lang zu begleiten.

Elisabeth Grindmayer und Stephanie Haßelbeck:
Farmmade. Rezepte & Geschichten vom Leben auf dem Land
Hölker, 208 Seiten, 30 €
 
Erster Eindruck:

Nimmt man das Buch in die Hand, fühlt es sich direkt wertig und bodenständig an. Die Oberfläche ist leicht angeraut, wirkt fast wie Leinen. Schlägt man es auf, liest man als erstes die Widmung, die ans Herz geht. Was außerdem direkt auffällt: Neben den vielen schönen Fotos gibt es immer wieder bezaubernde schwarz-weiße Miniatur-Illustrationen. Definitiv eine Liebe fürs Detail.

Die Aufteilung:
 
Nach Vorwort und Einblicke in Garten und Küche sind die Rezepte nach den Jahreszeiten sortiert. Das ergibt, für ein Buch das sich der Saisonalität widmet, absolut Sinn. Zum Schluss findet man noch kurze Kapitel zu Sauerteig, der Speisekammer und dem Thema Hühnerhaltung.Jedes Jahreszeiten-Kapitel beginnt damit, welche Gartenarbeiten so anfallen und was man aussähen, verarbeiten oder vorbereiten kann. Außerdem bekommt man eine kleine Liste mit saisonalen Pflanzen an die Hand (von Apfelminze bis Zitronenmelisse im Frühling, Ananassalbei bis Zucchini im Sommer, von Apfel bis Zwetschgen im Herbst und Birne bis Wirsing im Winter) und viele ansprechende Rezepte. Zeit also, in den Garten oder die Natur zu ziehen, und eigenes Obst und Gemüse anzubauen und zu ernten, vor allen Dingen aber: zu verarbeiten und zu essen!
 
Die allermeisten Rezepte sind vegetarisch, ganz vereinzelt wird mit Fleisch oder Fisch ergänzt bzw. diese in den Mittelpunkt gerückt. Für einige Rezepte kann man sich selbst dann aus dem eigenen Garten bedienen, wenn dieser nicht einmal übermäßig gut bestellt ist, etwa mit Zutaten wie Giersch oder Brennnesseln. Und natürlich kann man für nahezu alle Rezepte die Zutaten auch auf dem Wochenmarkt oder im Supermarkt bekommen.

Bei Rezepten wie dem Frühlingssalat mit Räucherforelle und schwarzer Nuss merkt man, wie sehr das Konzept der Saisonalität in sich aufgeht: Die schwarzen Nüsse, für die man ein Rezept im Kapitel Speisekammer findet, muss man bereits im Sommer ansetzen, kann sie dann lagern und hat das ganze Jahr etwas davon.
 
Ausprobiert: Zucchini-Fritters mit Apfel-Chutney

Kritipunkte: Die Größen- bzw. Mengenangaben sind sehr vage. Gerade bei selbst angebrautem Obst und Gemüse kann das aber stark variieren. Man braucht also selbst bereits ein bisschen Erfahrung oder Feingefühl. Nicht immer ist mir klar, wieso etwas getan werden soll. Zucchini und Apfel fürs Chutney sollen geschält werden. Das vermeide ich immer, wenn es nicht unbedigt nötig ist und habe so auch hier drauf verzichtet. Es gibt keine Angabe, wie viele Fritters bzw. wie viel Chutney man aus dem Rezept erhält. Sieht man natürlich, wenn man fertig ist, trotzdem wäre es durchaus nützlich, es vorher zu wissen, etwa zur Vorbereitung der Einmachgläser.

Wie hat es geschmeckt?

Die Zucchini-Fritters wurden bei mir recht schnell dunkel, sodass ich sie kürzer gebraten habe; dadurch waren sie innen noch recht weich und wenig knusprig. Geschmacklich kamen die Gewürze sehr gut zur Geltung, Kreuzkümmel und Koriander geben eine ganz eigene Note. Das gefiel mir äußerst gut! Das Chutney ist weniger süß, als ich es von anderen Chutneys gewöhnt bin. Zucchini und Apfel harmonieren sehr gut, sind aber erst einmal irgendwie ungewöhnlicher für mich. Ingwer, Knoblauch und Zwiebel geben ein würziges Aroma, trotzdem ist es ein eher mildes Chutney, da keine Chili enthalten ist. Die Menge war recht üppig und ich überlege, wozu ich mir die Reste gut vorstellen kann. Zu Käse passt das Chutney für mich eher nicht. Mal schauen!

Auf der Ausprobier-Liste:

Frühling: Giersch-Apfelminz-Couscous mit Salzzitronen und würzige Bärlauch-Scones mit Bergkäse.
Sommer: Bunter Kartoffelsalat mit Radieschengrün-Pesto und Stockbrot mit Auberginen-Dip.
Herbst: Romanceso-Sauerteig-Fladenbrot und Kürbis-Gnocchi mit Gorgonzola-Sauce und Salbei und gefüllte Nudeln mit Balsamico-Birne.
Winter: Gebackener Spitzkohl mit Butterbröseln und Schwarzwurzeltarte

Sobald ich wieder Alkohol trinken darf: Apfelblüten-Whisky mit Honig, Rosmarin-Rum-Cocktail, Roggeneis mit Weißwein-Quitte, Zwetschgen-Cordial, Sloe Gin Fizz.

Fazit:

Zurück zu den Wurzeln, so steht es selbst auf dem Buch. Das trifft es hier sehr gut, in vielerlei Hinsicht. Die Schwestern nehmen ein mit in ihren Garten und ihre Küche. Hier ist alles ein bisschen ruhiger, gemütlicher, langsamer. Das Buch entschleunigt und besinnt sich auf die Aromen, die der eigene Garten hergibt. Dabei sind die Rezepte gleichzeitig bodenständig, haben aber meistens dennoch einen raffinierten Twist, eine unerwartete Geschmackskombination, eine neue Entdeckung. Es ist eine wunderbare Lektüre, mit der man es sich auf dem Sofa mit einem Tee gemütlich machen und sein nächstes Garten- und Küchenjahr planen kann. Wer Saisonalität schätzt, wird hier viele gute Ideen und Inspirationen finden.