Balsam für die Seele

Don't Let Me Go
von Catherine Ryan Hyde

Bewertet mit 4.5 Sternen

Ein typisches Mehrfamilienhaus in einer heruntergekommenen Gegend einer Großstadt. Die Bewohner sind anonym, jeder für sich einsam und zurückgezogen, alleine mit seinen Problemen, und großer Angst vor der Verurteilung durch andere. Doch dann ist da Grace, ein junges Mädchen, das die Hilfe seiner Nachbarn sucht. Und ihr Leben umkrempelt

Fast die ganze Geschichte spielt sich nur in diesem Mehrfamilienhaus ab, das für so viele seiner Art steht. Die Bewohner wohnen schon jahrelang nebeneinander, und doch kennen sie teilweise nicht mal die Namen ihrer Nachbarn. Viel zu groß ist die Angst, ein Außenstehender könnte erkennen, was für Probleme man hat. Doch eines Tages sitzt das kleine Mädchen Grace alleine vor der Tür, in einer Gegend, in der auch Erwachsene nicht alleine vor die Tür gehen. Die Nachbarn machen sich Sorgen um sie, jeder für sich und auf seine eigene Art. Und Grace zwingt sie zu helfen, womit auch immer sie helfen können. Denn jeder hat etwas zu bieten, auch wenn das Geld knapp ist. Denn auf finanzielle Mittel kommt es nicht immer an.

Die Geschichte ist abwechselnd aus der Perspektive von Grace und aus der ihres Nachbarn Billy beschrieben. Billy leidet nicht nur unter Agoraphobie, sondern auch Panikattacken, und hat seit 12 Jahren die Wohnung nicht verlassen und mit niemandem gesprochen. Außerdem spielen noch verschiedene weitere Personen wichtige Rollen: Eileen, Grace drogensüchtige Mutter; Rayleen, eine dunkelhäutige Nachbarin, die viel Liebe zu geben hat, aber nicht weiß wie; Felipe, ein junger Hispanic, der immer wieder mit Ausländerfeindlichkeit zu kämpfen hat; und weitere, jeder mit eigenen Problemen. All diese Personen zieht Grace durch ihre einmalige Art nach und nach aus ihren jeweiligen Schneckenhäusern. Hierbei geht es Schritt für Schritt vorwärts, und natürlich gibt es auch Rückschläge. Dadurch wirkt die Geschichte nicht übertrieben, sondern bleibt nachvollziehbar. Trotz dieser Realitätsnähe hat der Roman etwas Märchenhaftes an sich. Man versinkt in den Emotionen und lacht und weint mit den Charakteren. Jeder ist hier auf eine andere Weise greifbar, keiner bleibt richtig unnahbar.

Wunderschön geschrieben und nur zu empfehlen, wenn einem die echte Welt mal wieder zu grau, trist und deprimierend erscheint. Diese Geschichte wärmt das Herz.