Rezension

Bedrückend, aber lesenswert

Das gläserne Klavier - Miriam Toews

Das gläserne Klavier
von Miriam Toews

Bewertet mit 4 Sternen

Yolandi lebt ihr ganzes Leben im Schatten ihrer großen Schwester. Schon als Kind ist sie eine begabte Klavierspielerin und Yoli versucht, wenigstens die Seiten perfekt umzublättern, währen Elfrieda spielt. Später wird Elf eine gefeierte Konzertpianistin und Yoli ist eine alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern von verschiedenen Vätern. Und doch will Elfrieda sterben. Sie hat schon mehrere Selbstmordversuche hinter sich. Schließlich bittet sie Yoli mit ihr in die Schweiz zu fahren, damit sie in Frieden sterben kann und dabei nicht alleine sein muss.

Das Buch wird erzählt aus der Sicht von Yolandi. Trotz vieler schlimmer Ereignisse im Buch behält sie immer ihren Pragmatismus und einen gewissen Witz. Selbst ihre Zusammenbrüche schildert sie sehr lesenswert. Elf bleibt eigentlich eine Nebenfigur im Buch, auch wenn sich alles um sie dreht.

Ich habe das Buch begonnen zu lesen ohne mir vorher große Gedanken zum Inhalt zu machen. Ich muss sagen, dass ich die Handlung dann als sehr bedrückend empfunden habe und es mir oft schwerfiel, wieder zum Buch zu greifen und weiter zu lesen. Das liegt aber überhaupt nicht am Schreibstil, sondern nur am Thema. Für Elfs Depression und Todeswunsch wird kein „Grund“ genannt und als Leser kann man es kaum nachvollziehen. Aber:  so ist es auch in Wirklichkeit, oder? Depressionen haben eben meistens keinen „Grund“. Trotzdem möchte man Elf manchmal einfach schütteln und sagen „Nun reiß dich mal zusammen!“. Umso beeindruckender ist es, wie ihre Familie mit ihr umgeht und wie viel Liebe es dort gibt, obwohl sie schon einige Schicksalsschläge hinnehmen mussten.

Die Erzählweise der Autorin hat mich, trotz des schwierigen Themas, bei der Stange gehalten. Es ist, als würde man in Yolis Gedanken eintauchen. Mit allen Gedankensprüngen, Zweifeln, Meinungsänderungen. Obwohl man es kaum erwarten würde, gibt es in diesem Buch viele witzige Stellen und sehr viele liebenswerte Figuren.

Bei einem solchen Buch fällt es mir immer schwer, Sterne zu vergeben. Am Anfang war ich sogar versucht, abzubrechen, um Yoli nicht auf ihrem beschwerlichen Weg begleiten zu müssen. Aber: es hat sich gelohnt durch zu halten! Es ist wirklich ein tolles Buch, aber manchmal eine beschwerliche Lektüre. Deswegen gebe ich 4 Sterne. Ich möchte auf jeden Fall noch mehr von der Autorin lesen!