Rezension

Beinhaltet kaum Neues

»Mein Ägypter ist anders!« Besondere Paare von heute - Annelies Ismail

»Mein Ägypter ist anders!« Besondere Paare von heute
von Annelies Ismail

Bewertet mit 3 Sternen

Ich habe auch das erste Buch der Autorin - "Mein Mann ist Ägypter" - gelesen und war auf dieses hier gespannt, da hier, im Gegensatz zum vorigen Buch, Paare vorgestellt werden, die sich in der heutigen Zeit kennengelernt haben, eine binationale Beziehung führen und mit welchen Problemen, Schwierigkeiten und Widrigkeiten sie zu kämpfen haben oder eben auch nicht.

Gelernt habe ich einen neuen Begriff, nämlich "Bezness". Bisher kannte ich das Wort nicht und hätte ich es gehört, hätte ich nicht gewusst, was es damit auf sich hat. Mit diesem Begriff und dessen Bedeutung wird eine große Veränderung der heutigen Zeit festgehalten. Einige junge Ägypter (der Begriff gilt nicht nur für Ägypter, aber um die geht es in diesem Buch) haben sich darauf speziallisiert, westliche Frauen die große Liebe vorzuspielen, sie aber dabei nur finanziell ausnehmen zu wollen oder über sie die begehrte europäische Visa zu erhalten. Diese Tatsache hat mich sehr betrübt. Vor allem, da dies wohl eine groß angelegte Masche zu sein scheint. Die eine oder andere Frau, die im Buch ihre Geschichte erzählt, hat das so erlebt.

Zu den negativen Beispielen gibt es auch glücklicherweise Positive. Wenn ich die Lebensgeschichten der Frauen aus dem ersten Buch der Autorin und diesem hier vergleiche, kann ich feststellen, dass sich die Beziehungen verändert haben, insbesondere deshalb, da die Paare sich nicht mehr im Westen kennenlernen, sondern im Urlaub in Ägypten, überwiegend in Hotels.
Zudem hat sich auch Ägypten und seine Gesellschaft verändert. Waren / sind die Beziehungen der älteren Generation noch kompromissreicher, sind die "neuen" Beziehungen und Ehen viel schwieriger, mehr religiös geprägt und die geforderte Anpassung der Frauen viel höher. Das wird durch dieses Buch sehr deutlich.

Ein Kritikpunkt an dem Buch ist, dass ich das Gefühl habe, die Autorin hat die ihr zugeschickten Geschichten einfach so übernommen. Sie sind in sehr einfach gehaltener Sprache geschrieben und erscheinen oftmals nicht richtig strukturiert. Einige kleine wie auch größere Schreibfehler (z.B. aus Whalid wurde Walid wurde Wakid) innerhalb einer Geschichte zeigen mir, dass die Texte besser hätten lektoriert werden sollen.

Des Weiteren finde ich das von der Autorin angefügte Tagebuch, geführt während der Revolution, nicht wirklich zum Buch passend und stilistisch auch nicht herausragend. Obwohl damals erst seit 2 Wochen wieder in Ägypten, reiste sie während der Revolution und der für Ägypten und alle Ägypter schwierigsten Zeit zurück nach Deutschland, um dann dort darauf anzustoßen, dass Mubarak abgedankt hat (musste), um dann danach in das "befreite" Ägypten zurückzukehren.

Bei all dem Erwähnten, wie anstrengend diese Zeit und die Verhältnisse für dortige Freunde und Familie war, ist nicht wirklich informativ (lesenswert), was die Autorin aus dem sicheren, westlichen Deutschland berichtet. Dieses Tagebuch ist zu knapp 2/3 in Deutschland entstanden, wo jeder Leser quasi fast die gleiche Berichterstattung wie die Autorin hatte.
Auch hier muss ich leider das Cover erwähnen. Darauf ist ein privates Familienbild der Autorin zu sehen. Einerseits ist das zwar interessant, aber für meinen Geschmack nicht als Cover geeignet. Insbesondere, da es in diesem Buch um neue Beziehungen, sprich, aus der heutigen Zeit, geht und ihr Bild deshalb eher zum ersten Buch gepasst hätte, in dem Annelies Ismail auch ihre eigene Geschichte niedergeschrieben hatte.
Für alle, die das Buch "Mein Mann ist Ägypter" auch gelesen haben, ist dieses Buch ganz nett und eine Bereicherung. Am interessantesten werden dieses Buch wahrscheinlich Leserinnen finden, die sich in der gleichen oder ähnlichen Situation befinden oder befunden haben; so zum persönlichen Vergleich.

Ein weiteres Buch mit vielen neuen Lebensgeschichten würde ich nicht lesen, da sich alle positiven wie auch negativen Beispiele ziemlich gleichen. Mit dem Nachfolgeband "Mein Vater ist Ägypter" hat Annelies Ismail die Generation der Kinder zu Wort kommen lassen und das Thema binationaler Ehe mit einem Ägypter ausgeschöpft. Interessant wird es vielleicht wieder mit der Generation der Enkel. Werden diese wieder überwiegend deutsch / europäisch sein oder sind sie in ihrem Vaterland glücklich, integriert und beheimatet?