Rezension

Bruder

Der versperrte Weg -

Der versperrte Weg
von Georges-Arthur Goldschmidt

Bewertet mit 4 Sternen

Die Goldschmidts leben während der 1920er in Reinbek bei Hamburg. Die älteste Schwester ist schon fast aus dem Haus und Erich ist der kleine Herrscher des evangelisch geprägten Hauses. Bis sein kleiner Bruder Jürgen-Arthur im Jahr 1928 auf die Welt kommt. Erichs Welt bricht zusammen, weil dieser Kleine ihm die Aufmerksamkeit der Eltern entzieht. Als die Nazi-Herrschaft beginnt, kommt es schlimmer. Die Familie, obwohl sie sich seit Jahren als protestantisch empfindet, zählt per Dekret plötzlich zu den deutschen Juden und verliert somit ihren bürgerlichen Status. Die Eltern sind sich der Gefahr bewusst und um wenigstens die Jungs zu retten, schicken sie diese ins Exil.

 

Über Italien geht es für Erich und Jürgen-Arthur in ein Internat im Osten Frankreichs. Die Brüder leiden aneinander, besonders Erich fällt es schwer, seinen empfindsamen, aber in seinen Augen oberflächlichen Bruder zu ertragen. Sobald es möglich ist schließ er sich dem Widerstand an und schlägt auch später eine militärische Laufbahn bei der Fremdenlegion ein. Eine enge Verbindung haben die beiden Brüder nicht und ihre Eltern sehen sie nie wieder.

 

In seinem autobiographischem Roman widmet sich Georges-Arthur Goldschmidt hauptsächlich dem Leben seines Bruders. Wie die Familie aus ihrer vermeintlich sicheren bürgerlichen Existenz gerissen wird ist wirklich tragisch, wobei zu bedenken ist, dass auch das Selbstbild zerstört wird. Plötzlich aus einer Gesellschaft ausgestoßen zu sein, zu der man sich zugehörig fühlte, lässt einen sicher halt- und orientierungslos zurück. Doch durch ihr Exil erhalten die Jungen, insbesondere Erich, einen Blick von außen auf das perfide Nazi-Regime. Und so bekommt Erich die Chance, die Nazis im Widerstand zu bekämpfen. Es ist ergreifend, wie schwierig das Leben bleibt, als Einzelkämpfer, dessen Bindungen schließlich eher bei der Fremdenlegion liegen als bei der Familie. Dieser kurze, sehr lesenswerte Roman schildert eindringlich das Hadern mit dem auferlegten Schicksal, welches nie wirklich aufhört.