Rezension

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Das (außergewöhnliche) Leben der Rebecca Jones - ein literarisches Kleinod!

Das Leben der Rebecca Jones - Angharad Price

Das Leben der Rebecca Jones
von Angharad Price

Bewertet mit 5 Sternen

Hier handelt es sich um ein literarisches Kleinod der Geschichte einer walisischen Familie "Eine Familie aus Wales und ihre Liebe zur Welt" steht auf dem sehr schönen, stimmungsvollen Cover des HC Romans, der im dtv-Verlag 2014 in Übersetzung von Gregor Runge ins Deutsche erschienen ist. Das Cover zeigt das walisische Tal (Tynybraich) nebelüberzogen und friedlich sowie in stiller Abgeschiedenheit vom Rest der Welt....

"Das Leben einer Frau. Die Stille eines walisischen Tals. Eine Geschichte von Tradition und Wandel voller Innigkeit und Würde". (Buchrückentext)

Meine Meinung:
Hier wird auf unsagbar leise, schlichte, wunderbare Weise und zuweilen lyrischem Erzählstil, aber auch Sätze voller Kraft und Leben,  eine Familie ("Jones") beschrieben, die in besagter Abgeschiedenheit in Wales lebt und seit nahezu 1000 Jahren dort ihr Land bewirtschaftet. Wir lernen Rebecca Jones kennen, die Protagonistin und Ich-Erzählerin, die - unverheiratet - zum "Anker" ihrer Familie wird. Einige Vorfahren hatten wenig mit der Landwirtschaft im Sinn, sondern hatten sich eher dem Dichten und der Literatur gewidmet (Auszüge dazu "sprenkeln" den Text an geeigneten Stellen von Hugh Jones). Daher gibt es eine Familientruhe mit literarischem Inhalt, an der sich Rebecca und ihr Bruder Bob seit Kindheitstagen - und auch später "laben". So beginnt sie später ein Reisetagebuch zu schreiben, da sie - mittellos, nur lesend - in ihrer Vorstellung zu reisen beginnt... Ihr Bruder Bob ist Farmer wider Willen, zwei Brüder kommen blind zur Welt und nicht alle Geschwister überleben - Rebecca bleibt zeitlebens auf der Farm und stellt - zum Wohle der Familie - ihr persönliches Glück hintenan. Mit viel Würde und großem Zusammenhalt sowie der Wahrung alter walisischer Traditionen, die nach dem Wunsch von Rebecca "ewig fortbestehen sollen" wird z.B. über Jahre die dement gewordene 80jährige Mutter gepflegt. Als diese stirbt, heißt es - prosaisch und unendlich menschlich (Rebecca): "Noch ein Faden gelöst. Wieder verlor ich einen Halt in der Welt."
Solcherart wunderschöner, poetischer - und wahrer Sätze aus dem Leben von Rebecca sowie ihre große Liebe zum Tal und zur Landschaft finden sich oft im Roman, der mich sehr tief berührt hat.
Die Brüder, die Schwägerin und ihr tiefes Verständnis und die Liebe zueinander werden mit großer Menschlichkeit beschrieben, ergänzt wird die Nähe des Lesers zur Familie Jones mit Fotos, die in die entsprechenden Textpassagen eingefügt sind.
Zeitlich erstreckt sich der Roman über fast 100 Jahre - vom Beginn des 20. Jahrhunderts bis zum Jahre 2012 - Jahre zuvor lösten sich einige Fäden: Auch die Brüder Rebeccas sind inzwischen verstorben und als (vermeintlich) alte Frau blickt Rebecca zurück auf ein glückliches Leben in einer wunderschönen Landschaft...

Fazit:
Dieser außergewöhnliche Roman, eine Art Biografie der Familie Jones , beschreibt das Leben der Rebecca Jones, die zum "Anker" der Farm in Tynybraich/Wales wird, von der Stille eines abgeschiedenen Tals in Wales, das (scheinbar)  aus der Zeit gefallen ist: Eine nachdenklich stimmende Geschichte von Tradition und auch von Wandel, aber auch vom hohen Preis, den Rebecca zahlt - das Nicht-zulassen eines der wichtigsten Gefühle im Leben: Das der Liebe - lange schon gelebter Stolz, das Zögern, die Angst ... wissen dies zu verhindern, sie versagt sich diese Gefühle. Dafür liebt sie in unermesslichem Maße ihre Eltern, ihre Brüder, die Familie, die Kinder, die Landschaft und - das gleichmäßige Leben im Tal...
Für diese (literarische) Reise nach Wales, die Fragen nach dem möglichen FORTBESTEHEN jahrhundertealter Traditionen und deren Verlust aufwerfen, aber auch eindrucksvoll eine Demut vor dem Leben beschreibt, vergebe ich mit einem Dank an die Autorin und den Übersetzer 100° auf der BC (Literatur-Couch) und 5 sehr leuchtende Sterne!